Freitag, 14. Februar 2014

Carneval 6


Noch nie in ihrem Leben zuvor hatte Lisa es erlebt, dass ihre Eltern beide komplett sprachlos waren. Und das auch noch, ohne dass sie selbst ein Wort gesagt hatte. Noch weniger hätte sie erwartet, es mit einem kleinen, rosa Schnuller in ihrem Mund und einer von ihr selbst vollgemachten Windel zu schaffen. 


Gut, das ausgeleierte T-Shirt von Andreas hatte sie auch noch an, aber das hatte wohl nur dafür gesorgt, dass keiner der beiden in Ohnmacht gefallen war. Ihre Mutter kam diesem unerwünschten Schwebezustand jedoch bereits ziemlich nahe. Sie saß nach ihrem überraschten Ausruf mit offenem Mund da, wie man es sonst eigentlich nur in der übertriebenen Mimik eines Cartoon sah, und glotzte sie nunmehr seit sicher fast einer Minute mit weit aufgerissenen Augen an. Ihr Vater zeigte bisher, außer einem verwirrten, ungläubigen Blick, nicht wirklich viel Reaktion.
Hunderte Male schon hatte Lisa sich überlegt, wie die beiden reagieren würden, wenn sie es herausfänden, doch mit über 1 Minute gespanntem Starren und Staunen hatte sie dabei nicht unbedingt gerechnet. Andererseits hatte sie auch nie an eine derart frontale und unvorbereitete Konfrontation im Babyoutfit gedacht, in der sie sich nun jedoch befand. Viel mehr hatte sie sich vorgestellt ein langes, ruhiges Gespräch mit ihnen zu führen, oder vielleicht auch lautes, leidenschaftliches Gebrüll gepaart mit wilder Gestikulation, nachdem ihre Mutter ihr Versteck entdeckt hätte und sie deshalb zur Rede stellen wollte. Doch nichts davon war bisher der Fall. Das drohte sie zusehends zu beunruhigen, weshalb sie beschloss, die beiden ein wenig wachzurütteln, bevor noch der Sankt-Nimmerleins-Tag anbrechen oder eine Fliege im offenen Mund ihrer Mutter landen würde.
„Wasch is? Gäfalleh ich eusch nigd?“
Es schien zu helfen. Durch ihre Mutter ging ein Ruck und sie zog die Augenbrauen hoch. „Ähh wie, wie bitte? Was hast du... äh... gesagt,“ stotterte sie heraus. Sie wirkte wie eine schlafende Katze, der man einen Kübel Eiswasser übergeschüttet hatte.
„Ah, tschuuldägung!“ Lisa war gar nicht bewusst gewesen, dass sie noch den Schnuller im Mund hatte. Sie nahm ihn heraus und wiederholte überdeutlich: „Ich wollte wissen, ob ich euch nicht gefalle?“
Wieder war es ihre Mutter die antwortete: „Was? Ob du uns... Lisa wieso trägst du eine Windel... eine, eine volle Windel wie ich sehe?! Bist du krank?“
„Was? Wieso soll ich krank sein? Das ergibt doch gar keinen Sinn. Ihr zieh doch sonst auch keine Windel an, wenn ich mal Grippe habe.“
„Äh ja stimmt, Tschuldigung. Aber... Moment mal, warum entschuldige ich mich, wieso trägst du eine Windel? Und wieso bitte hast du sie auch noch benützt?“
„Ach Mama, jetzt stell dich doch bitte nicht so doof. Wieso benützt man eine Windel, hä? Weil mir kalt war trag ich sie wohl eher nicht oder? Sooo lange ist es jetzt auch wieder nicht her, dass du bei mir da noch Hand angelegt hast.“
Ihre Mutter setzte erst zu einer Antwort an, brach dann aber doch mit einem langen Schnauben und wildem Kopfschütteln wieder ab. Die Situation war ganz offensichtlich zu viel für sie.
Lisa redete absichtlich um den heißen Brei herum und beantwortete die alles entscheidende Frage nicht gleich. Erst sollten ihre Eltern noch ein wenig den ersten Schock verdauen, damit sie nicht mehr total denkunfähig waren. Sie brauchte die beiden nämlich so, wie sie waren. Als intelligente, einfühlsame Eltern und nicht als hirnlose, von Emotionen übermannte Affen. Und die Taktik schien aufzugehen. Diesmal war ihr Vater, der als erster ein vernünftiges Wort herausbrachte: „Lisa, jetzt komm schon. Stell DU dich nicht doof. Du weißt genau auf welche Frage Mama eine Antwort möchte und ich übrigens auch! Also, wieso bitte trägt unsere 17 Jahre alte Tochter eine benützte Windel und nuckelt an einem Schnuller?“
BINGO, na endlich! Genau das wollte sie.
Oder wollte sie es doch nicht? Oh nein, da war es schon wieder. Dieses unangenehme „auf-eine-Frage-festgenagelt-sein“ Gefühl. Gleich wie gestern bei Andreas. Plötzlich bekam sie ein flaues Gefühl im Magen. Sie spürte dieselbe Panik in ihr hochsteigen wie wenige Stunden zuvor und auch jetzt drohte diese sie Mundtot zu machen. Ihr Puls stieg hoch und ihre Atmung wurde schneller. Sie merkte bereits, wie der angeborene Fluchtinstinkt in ihr versuchte, die Kontrolle über ihre Beine zu erlangen. Was machte sie nur hier? War sie wahnsinnig? So viele Jahre lang hatte sie alles getan, um diese Seite von ihr geheim zu halten und jetzt warf sie das alles über den Haufen? Und wofür? Ihre Eltern würden sie für verrückt halten und zum Seelenklempner schicken, der sie dann ebenfalls für durchgeknallt erklären würde. Und gleich danach wäre sie das Dorfgespräch Nummer 1 und würde nie mehr in ihr altes Leben zurückkehren können. Sie wäre nur noch eine wunderliche, bemitleidenswerte Spottfigur ohne Freunde.
Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie führten sie von einem möglichen Horrorszenario zum anderen. Dabei durchfuhr sie immer wieder die Gewissheit, dass sie gerade den Fehler ihres Lebens beging.
Ihre Eltern warteten indes immer noch auf eine Antwort. Ihnen schien aber auch nicht zu entgehen, was sich im Kopf ihrer Tochter abspielte.
„Lisa geht es dir nicht gut? Du siehst so blass aus,“ sprach ihre Mutter sie besorgt an.
„Mir äh... mir... Nein! Ich meine ja! Ja mir geht’s gut!“ würgte Lisa hervor. Verdammt was war nur los mit ihr?! Es fühlte sich an, wie damals, als aus der luftigen Höhe des 3 Meter Sprungbrettes am örtlichen Badesee, in die bedrohliche Tiefe unter sich gestarrt hatte und kurz vor ihrem ersten Absprung stand. Nur kamen die 3 Meter ihr heute eher wie 10 vor, welche nicht in erfrischendem, klarem Seewasser endeten, sondern auf einem grauen, harten Betonboden. Auf diesen einen Sprung hatte sie damals, vor 6 Jahren einen ganzen Sommer lang hingearbeitet. Erst hatte sie aus der Ferne immer nur anderen dabei zugesehen und jedes Mal beim Ertönen des satten, federnden Geräusches des Brettes beim Absprung, tief luftgeholt. In der Mitte des Sommers hatte sie ihren Beobachtungsposten dann stetig näher an das Brett heranversetzt. Danach war sie beim Baden wie aus Zufall manchmal in die Nähe des Eintauchbereichs geschwommen und schließlich, als der Herbst schon merklich an die Türe geklopft hatte, kletterte sie das erste Mal in ihrem Leben die metallenen Sprossen hoch und stand schließlich am Absprungpunkt. Ihr Herz war wie wild gerast, genau wie jetzt. Ihre Handflächen hatten sich kalt und schwitzig angefühlt, ebenfalls wie jetzt. Panik drohte sie zu überwältigen und sie zu zwingen, die mühsam erklommenen Sprossen sicher, aber beschämt, wieder hinunterzuklettern. Doch da war plötzlich ein Aufschrei gewesen, der sie stark werden ließ: „Komm schon, reiß dich zusammen! Du bist schon auf dem Turm oben, jetzt kannst du auch gleich runterspringen! Du schaffst das! Du wirst es sogar nachher so lieben, dass du es immer wieder machen wollen wirst. Also los, ich glaub an dich!“
Genau! Andreas hatte ihr damals Mut gemacht! Er hatte ihr gut zugeredet und sie nie dafür ausgelacht, dass sie sich nicht springen getraut hatte, wie all die anderen. Ihn hatte es nicht geschert, was diese von ihm dachten. Er hatte einfach nur zu ihr geholfen, weil sie seine Freundin war. Und das würde er jederzeit wieder tun, da war sie sich ganz sicher! Es war egal, wer alles sie für merkwürdig halten würde. Andreas bestimmt nicht!
Sie fasste neuen Mut. Wer wollte schon sein Leben lang mit einem Geheimnis herumlaufen, das man selbst als so schlimm ansah, dass man gar nicht erst daran dachte, es jemandem zu verraten, weil man fürchtete sowieso nur auf Missverständnis zu stoßen. Doch das musste doch nicht sein. Man könnte es doch auch ganz locker nehmen, oder nicht? Vielleicht waren ja sogar ein paar Leute dabei, die ebenfalls mit einem Geheimnis herumliefen und sich freuten, jemanden getroffen zu haben, der mutig genug war, seines zu enthüllen. Möglicherweise war ja auch der eine oder andere dabei, der die Dinge plötzlich auf eine andere Art sah.... So oder so! Lisa war es leid, in einem Käfig zu Leben, der den Blick nur auf den „gesellschaftstauglichen“ Teil ihrer Persönlichkeit zuließ und alles, was sie sonst ausmachte, verdeckte. Sie würde ihren Mitmenschen ab jetzt einen unverhüllten Blick auf sich gönnen, damit sie sich ein wahres Urteil über ihre wahre Person bilden konnten. Und wem sie dann nicht mehr passte, der konnte sie gern haben! Sie hatte Andreas, da war sie sich inzwischen ganz sicher, und mehr brauchte sie nicht.
Lisa atmete tief durch, wie vor dem Absprung ins kühle Nass, dann antwortete sie: „Weil es mir gefällt!“
„Wie bitte?! Es, es gefällt dir,“ staunte ihr Vater ungläubig.
„Ja Papa, es gefällt mir! Und bevor ihr etwas dazu sagt, will ich ein paar Dinge klarstellen: Erstens, ich weiß nicht wieso. Ich weiß nicht, wieso ich es mag in Windeln herumzulaufen. Ich habe mir selbst schon jahrelang den Kopf darüber zerbrochen, aber ich weiß es einfach nicht. Also bitte erspart mir irgendwelche Psychologen und ewiges Herumgefrage nach dem Grund.
Zweitens: Ich mag auch noch andere kindliche oder babyhafte Sachen. Schnuller, wie diesen hier, Fläschchen, Lätzchen und so weiter. In meinem Zimmer oben hab‘ ich sogar ein Lichtmobile und ihr erinnert euch doch sicher noch an „Tizi-Tazi“ meinen Teddybären, von dem ihr dachtet, ich hätte ihn verschenkt. Das habe ich nicht. Er liegt oben, versteckt in meinem Kleiderschrank zusammen mit den Windeln, die ich vor Weihnachten gekauft habe, um Andreas nach dem Vorfall in der Schule zu helfen. Ich erzähle euch dass, weil ich will, dass ihr gleich die ganze Wahrheit kennt. Ein Pflaster soll man schließlich auch auf einmal herunterreißen.
Drittens: Ich werde nicht damit aufhören. Es hat mich jahrelang gequält, bis ich akzeptiert habe, dass ich so bin wie ich bin. Aber ich kann es nun Mal nicht ändern, ich kann mich nicht ändern. Und seitdem ich das verstanden habe, geht es mir damit auch gut und ich habe sogar Freude dabei.
Und schließlich Viertens: Ich weiß, dass das sehr viel auf einen Schlag ist. Außerdem konnte ich damit, wie eben gesagt, selbst für lange Zeit nicht umgehen. Deshalb verstehe ich es, wenn ihr erst darüber nachdenken wollte, bevor ich mir sagt, was ihr davon haltet. Aber um eines bitte ich euch dennoch. Wie auch immer euer Urteil über das alles aussehen mag‘, zeigt mir gegenüber zumindest Toleranz, ich bitte euch! Ich bin immer noch eure Tochter und liebe euch beide. Nur weil ihr jetzt auch diese Seite an mir kennt, bleibe ich der gleiche Mensch, wie vor einer Woche noch. Ich will von mir aus nicht, dass sich irgendetwas ändert. Wenn ihr mit meinen Vorlieben nicht klarkommt oder nichts davon wissen wollt, verstehe ich das und dann werdet ihr auch nie irgendwelche dicken Windelhintern hier herumspazieren sehen oder sonstiges. Es wird sein, als wäre gar nichts geschehen und als hätte ich euch nie davon erzählt. So, und jetzt könnt ihr loslegen.“
Doch ihre Eltern machten keine Anstalten loszulegen. Sie waren beide total baff und augenscheinlich momentan nicht mal in der Lage 1 + 1 zusammen zu zählen. Das war ja auch tatsächlich einiges auf einmal, also durchaus nachvollziehbar, wenn ihnen die Spucke wegblieb.
Das gab Lisa wiederrum die ungewollte Gelegenheit, selbst noch mal über ihren Vortrag nachzudenken. Hatte sie alles Wichtige gesagt? Oder etwas vergessen? Hatte sie sich dabei wie gewünscht, also nüchtern und ruhig, angehört, oder eher unsicher und verschämt? Stimmten ihre Aussagen überhaupt? Doch das taten sie, da war sie sich eigentlich sicher! Bis auf den letzten Satz vielleicht... War es tatsächlich noch möglich, dass jemals alles wieder sein würde wie früher? Im Augenblick beschlichen sie da eher Zweifel. Selbst wenn ihre Eltern nichts gegen ihren Windelfetisch hätten, und sie ihn von nun an frei oder zumindest mit weniger Einschränkungen ausleben können würde, wäre sie für die beiden immer nur ihre „fast“ normale Tochter. Lisa stellte sich dabei vor, wie sie ständig mit mitleidigen, vorwurfsvollen oder höhnischen Blicken bedacht wurde, und hinter vorgehaltener Hand über sie gespottet und geredet wurde. Ein täglicher Spießrutenlauf, dem sie nicht mehr entkommen würde können. Und noch dazu hatte sie ihn sich jetzt auch noch selbst eingebrockt... Oh Gott, wenn die beiden noch länger schweigen würden, würde ihre Fantasie noch viel mehr solcher Bilder in ihr aufwerfen! Warum konnten sie denn nicht endlich den Mund aufbringen? Auch wenn sie anfangen würden zu lachen, alles war besser als diese ungewisse, gespannte Stille! Doch zumindest hatten sowohl ihr Vater als auch ihre Mutter sich ihren kompletten Vortrag tatsächlich ohne irgendwelche Zwischenrufe oder Kommentare angehört. Naja, wahrscheinlich waren sie auch da schon zu überrascht gewesen, um klar denken zu können... Ihr blieb nur zu hoffen, dass ihr Denkapparat nun so langsam wieder aus dem Stottern herauskam, damit sie zumindest einen halbwegs klaren Gedanken fassen konnten und nicht gleich vor Wut, Empörung, Unglauben oder Ekel herumschrien. Das wäre ihr momentan zwar alles lieber, als das ungewisse Schweigen, aber insgeheim hoffte Lisa natürlich darauf ein objektives, klärendes Gespräch ohne größere Gefühlsausbrüche führen zu können. Wenn das nicht der Fall wäre, dann wäre sie nicht nur enttäuscht und entmutigt sondern es hieße auch, dass dieses Thema vielleicht einen unüberwindbaren Keil zwischen sie und ihre Eltern treiben könnte. Und ein solches eisiges Schweigen, das ihr dann blühte, fürchtete sie am allermeisten. Mehr noch als alle Arten von Blicken, die man jemandem zuwerfen konnte, mehr als jeder Spott ihrer Freunde und sogar mehr als alle Psychiater dieser Welt, die sie für verrückt erklären würden. Sie hatte ein so inniges Verhältnis mit ihren Eltern, wie man es nur sehr selten fand. Dessen war sie sich voll bewusst und sie wollte es unter keinen Umständen verlieren. Hoffentlich hatte sie es nun nicht gerade selbst zerstört. Diese Tatsache würde dem ganzen sogar noch die Krone aufsetzten. Lisa merkte, wie ihre Herzfrequenz schon wieder stark anstieg. Allein ihr derzeit unerschütterlicher Glaube, mit Andreas zumindest einen Menschen zu haben, der voll und ganz hinter ihr stand, bewahrte sie davor, erneut eine Panikattacke zu bekommen. Obwohl sie irgendwo, tief in ihr drin, auch noch ein winziges bisschen Erleichterung verspürte, dass sie die Wahrheit endlich ausgesprochen hatte. Doch halt! Was war das? Ihre Mutter kratzte sich gerade am Hinterkopf und machte auch sonst Anstalten, etwas zu äußern. Endlich war es soweit, gleich wäre das endlose Schweigen vorbei. Jetzt musste auch sie wieder hellwach sein.
Ihre Mutter sah erst sie an, dann drehte sie sich zu ihrem Vater und warf ihm einen fragenden Blick zu. Der wiederrum zuckte kaum merklich mit den Schultern und zog die Augenbrauen hoch. Danach meinte ihre Mutter: „Nun, mein Schatz. Bei einem müssen wir dir schon mal Recht geben, das ist sehr viel auf einmal. Und wenn ich ehrlich sein muss, weiß ich nicht, wie ich damit umgehen soll. Oder wie siehst du das Herbert?“
„Nun ja, eigentlich ganz ähnlich,“ antwortete ihr Vater und setzte sich dabei aus seiner halbliegenden Position auf. Das machte der 45-jährige Versicherungsangestellte immer, wenn er über ernste Themen redete. Sie sah es als gutes Zeichen. Er setzte die Füße fest auf den Boden, beugte sich mit dem Oberkörper nach vorne und stützte sich mit den Ellenbogen auf den Knien ab. Dabei waren seine Hände eine Art Werkzeug, mit denen er seinen Ansichten permanent mehr Ausdruck verleihen konnte. Auf sie, Lisa, hatte er früher als sie noch klein gewesen war, dabei immer wie der weiseste und klügste Mensch auf der Welt gewirkt. Heute, da sie seine Masche durchschaut hatte, amüsierte sie das Ganze eher. Dennoch nahm es der Überzeugungskraft ihres Vaters kein bisschen von ihrer Stärke ab. Sie dachte sich oft, dass er für eine politische Führungsrolle genau der Richtige wäre, da er Menschen fast schon wie ein Prediger alleine mit seiner Stimme und Präsenz richtig fesseln konnte. Vermutlich auch der Grund für seinen Erfolg im Job.
„Es ist natürlich eine Menge Holz auf einmal,“ fuhr er nun mit einer demonstrierenden Geste seiner Hände fort, „Ich meine vor 5 Minuten dachte ich noch, dachten wir noch, wir hätten eine ganz normale Tochter wie Millionen andere Menschen auch und dann plötzlich...,“ brach er ab und machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand. Dann setzte er mit ungläubigem Blick fort: ,,Wie, wie kommt man denn nur auf so etwas?“
„Ich hab‘ euch doch gesagt, ich weiß es nicht,“ antwortete Lisa ruhig, „Und nebenbei, ich hab‘ euch auch gebeten, mich das nicht zu fragen.“
Doch ihr Vater blieb hartnäckig: „Tut mir Leid, aber du musst verstehen, dass das für uns alles nicht so einfach ist. Das hast du ja immerhin auch selbst gerade zugegeben, oder? Abgesehen davon muss dir doch wohl auch klar gewesen sein, dass das nicht einfach mit einem unschuldigen „ich weiß es nicht“ abgetan wäre. Wie oft hast du dich denn schon gefragt, wieso du so bist? Herrgott, dürfen wir da nicht zumindest ein einziges Mal danach fragen?“ Ihr Vater war während seiner Rede immer aufgebrachter geworden. Eigentlich untypisch für ihn... Er war wohl doch geschockter, als es den Eindruck machte. War aber doch auch kein Wunder, sie war schließlich seine Tochter und nicht irgendeine Kundin, der er eine Altersvorsorge verkaufen wollte.
Aber was sollte sie jetzt antworten? Es war nicht gelogen, dass sie keine Ahnung hatte, wieso sie war wie sie war. Jahrelang hatte sie sich selbst damit gequält, keine Erklärung finden zu können, doch irgendwann, hatte sie dann gelernt, es einfach hinzunehmen. Doch das hatte eben sehr lange gedauert... Wie also sollte sie ihren Eltern das innerhalb von 5 Minuten klar machen? Sie wusste ja selbst noch gut, wie fixiert man zu Anfang auf diese Frage war. Es war beinah wie die ewige Suche des Menschen nach dem Grund alles Seins. Warum sind wir hier? Darauf hatte bislang ja auch noch niemand eine Antwort gefunden, und das sollte ihr jetzt – im zugegeben kleineren Maßstab – gelingen? Warum bin ich wie ich bin? Das wusste wahrscheinlich auch ihr Vater mit seiner ganzen Weisheit nicht. Doch wie sollte sie ihm und ihrer Mutter das begreiflich machen? Verdammt, wieso hatte sie sich nicht doch besser auf das Ganze hier vorbereitet! Lisa würde wütend. Dann aber riss sie sich zusammen. Es hatte keinen Sinn sich jetzt zu rechtfertigen und damit einen Streit vom Zaun zu brechen. Einen schlechteren Einstieg für eine sachliche Diskussion gab es wohl kaum. Ob sie es nun besser wusste oder nicht, sie musste auf die beiden eingehen: „Doch dürft ihr schon, aber ich kann euch versichern, dass ich wirklich lange und intensiv nach einer Erklärung gesucht habe, aber dennoch im Grunde keine Ahnung habe, wieso ich bin wie ich bin. Aber ich hab’s irgendwann einfach hingenommen, wie eine Rechenregel, die man einfach nicht versteht, aber trotzdem anwenden muss. Manches ist einfach so wie es ist und man kann nichts daran ändern. Und mittlerweile muss ich sagen, will ich das auch gar nicht mehr.“
„Aber Lisa du musst doch zumindest irgendeinen Anhaltspunkt haben? Irgendein Erlebnis oder auch nur eine Laune an einem schlechten Tag. Irgendwas,“ widersprach ihr Vater und klang dabei fast schon ein wenig bettelnd.
Doch Lisa blieb bei ihrer gnadenlosen Wahrheit und antwortete unnachgiebig und klar: „Nein! Mir fällt nichts Konkretes ein und es ist auch denke ich der falsche Ansatz, nach einem bestimmten Punkt zu suchen. Man wird nicht von einem Tag auf den anderen so. Das ist eine jahrelange Entwicklung, die unendlich oft beeinflusst wird und sich ständig verändert. Schon Freud sprach in seinen Theorien darüber, dass sich gewisse Vorlieben im Laufe des Erwachsenwerdens entwickeln und von einer Vielzahl an Faktoren bestimmt werden. Das ist übrigens etwas, das ich herausgefunden habe und ich glaube auch fest daran. Es gibt nicht DEN Grund sondern es gibt VIELE! Dir mag es vielleicht vorkommen, als hätte ich einen falschen Weg eingeschlagen, das verstehe ich, denn mir ging es lange Zeit genauso. Doch dieser Meinung bin ich nun nicht mehr. Es ist natürlich ein anderer, zugegebenermaßen nicht ganz üblicher, Weg. Obwohl mit Sicherheit auch nicht die einzige bin, die darauf wandert, das kann ich dir versichern.“
„Soll das etwa heißen es gibt noch mehr solche... Menschen wie dich,“ rief ihr Vater ganz erstaunt dazwischen.
Fehlt ja nur noch, dass er gesagt hätte „solche irren Menschen“ dachte Lisa sich säuerlich. Dennoch zwang sie sich zur Ruhe und fuhr fast im Plauderton fort: „Tausende würde ich sagen und das alleine im deutschsprachigen Raum. Die Amerikaner und Engländer sind da noch bei Weitem zahlreicher.“
Ihr Vater fuhr sich nervös durch die Haare und brummte etwas von wegen „Amerikaner – mal wieder typisch“, das sie aber nicht ganz verstand. Scheinbar machte es ihm eher noch mehr zu schaffen, dass seine Tochter nicht die einzige war. Lisa hatte eigentlich gehofft, ihn damit ein wenig beruhigen zu können, doch das genaue Gegenteil war offensichtlich der Fall. Sie beschloss deshalb, ihren Redefluss einfach fortzuführen, um ihn von diesem ernüchternden Schlag abzulenken: „Eines fällt mir da übrigens noch ein, zum Thema „wie kommt man den nur auf so etwas“. Wisst ihr, zuerst war’s wohl einfach nur Neugierde. Ich wollte einfach wissen, wie es sich anfühlt eine Windel anzuhaben. Und ich weiß, das klingt dämlich und es war mir zu Anfang auch viel zu peinlich, es mir selbst zu gestehen. Ich wurde jedes Mal sofort knallrot im Gesicht und hab mich mit gesenktem Kopf irgendwohin verkrochen. So habe ich versucht, jegliche Gedanken an Windeln und anderem Babykram strikt zu unterbinden. Immer, wenn zufällig ein Kinderwagen auf der Straße an mir vorbeifuhr, schaute ich entschlossen weg und dachte krampfhaft an etwas anderes, bis er vorübergeschoben war. Echt albern, im Nachhinein betrachtet. Und am Ende hat es nichts gebracht. Das Verlangen danach, eine Windel anzuziehen, oder sich einen Schnuller in den Mund zu stecken hörte nie wirklich auf. Und so hab‘ ich es schlussendlich irgendwann einfach ausprobiert. Und es fühlte sich großartig an! Ich weiß nicht wie man das am besten beschreiben kann. Es ist eine Mischung aus, wohlig, weicher Wärme und Geborgenheit. Nur irgendwie auf ganz besondere Art und Weise. Besser kann ich euch das nicht beschreiben, man müsste es selbst ausprobieren, um es nachvollziehen zu können, aber das will ich euch heute nicht auch noch zumuten. Aber jedenfalls geht es mir inzwischen hauptsächlich genau darum. Um dieses einzigartige Gefühl.“
Wieder einmal glotzten ihre Eltern sie verständnislos an. Schließlich atmete ihr Vater noch einmal tief durch, setzte sich wieder in seine altbekannte Diskussionsposition und nahm erneut das Gespräch auf. Er schlug dabei einen fast schon beschwörenden Ton an, währenddessen seine Finger immer wieder eine Faust bildeten, sich öffneten, etwas aufzählten, aufeinander schlugen, kurz, das übliche Lied spielten, wie sonst auch. „Aber Lisa, was ist denn nur in dich gefahren, dass du auf so etwas kommst? Ich meine wir reden hier, ohne irgendwelche beschönigenden Worte, ganz einfach vom Pissen und Scheißen, wie kann man denn daran Freude finden? Das ist eine natürliche Notwendigkeit und vielleicht auch mal für einen kurzen Moment schön, wenn man schon sehr dringend musste, aber um Himmels Willen, das ist doch niemals ein geborgenes Gefühl. Alleine schon der Gestank! Da kann einem ja schlecht werden, vor allem wenn man vorher das Richtige dafür gegessen hat. Und dann noch dieser ganze Mist mit den Babysachen. Ich kann mir das nur so vorstellen, dass du alberne, kitschige Kleidung trägst und dabei dann glaubst du wärst schön. Oder dass du aus einem Fläschchen trinkst, weil du es cool findest, aber ich kann dir versichern, dass es das nicht ist. Das ist doch sicher nur so ein idiotischer Teenagerauswuchs, der vorüber geht und dir in ein paar Jahren unendlich peinlich sein wird. Mag sein, dass du damit eine Art Höhenflug erreicht hast, als du vor Weihnachten mit Windel in die Schule gegangen bist, aber glaub mir es ist jetzt an der Zeit damit aufzuhören! Betrachte dein „Outing“ hier doch ganz einfach als den Höhepunkt einer verrückten Phase und damit hat sich’s dann,“ polterte ihr Vater dahin.
Lisa wollte fast ihren Ohren nicht trauen und erwiderte: „Nein damit hat sich’s nicht! Hast du mir vorher nicht zugehört? Ich mache das schon lange. Zumindest sehr viel länger, als jeder Teenagerauswuchs dauern könnte. Und ich werde damit auch bestimmt nicht aufhören. Das wär das Gleiche, als würde ich von dir verlangen, deine Bowlingschuhe nie wieder anzurühren.“ Ihr Vater war seit Jahren begeisterter Bowler und besaß auch einige Trophäen im Schrank, sowie eine eigene Mannschaft. Der Sport bedeutete ihm alles.
„Ach, als ob das das Gleiche wäre,“ empörte er sich wütend.
„Natürlich ist es das Gleiche! Beides sind Hobbys, also erklär mir mal bitte, wo der Unterschied zwischen deinem bescheuerten Kugel-Gerolle und meinen Windeln liegt!“
„Jetzt werd‘ hier nicht vorlaut junge Dame! Bowling ist eine ganz normale Freizeitaktivität, die Millionen anderer Menschen auf der Welt tagtäglich ausüben!“
„Und? Windeltragen ist auch eine ganz normale Tätigkeit, die tagtäglich ausgeübt wird, wahrscheinlich sogar von ner‘ ganzen Menge mehr Menschen als Bowling,“ gab Lisa scharf zurück. Sie machte sich jetzt nichts mehr vor. Ihr Vater kam mit ihrer Vorliebe ganz offensichtlich nicht klar. Seine Adern an den Schläfen traten deutlich hervor, seine Gesichtsfarbe wurde vor Wut und Empörung immer dunkelroter und seine Blicke hetzten von einem Punkt zum anderen, ruhten dabei aber nie auf ihr. Die Situation wurde ihm von Sekunde zu Sekunde unangenehmer.
Das durfte doch wohl nicht wahr sein. Seine eigene Tochter, eine Perverse! Und dann will sie’s nicht einmal einsehen. Er wusste doch genau, dass Bowling und diese widerwärtigen Triebe nicht im Geringsten das Gleiche waren, wieso ließ sie sich das nicht einbläuen? Das war doch auch etwas total anderes. Auf der einen Hand eine angesehene, normale sportliche Aktivität und auf der anderen Windeltragen. Das hörte sich ja an, als vergleiche man eine Vollkaskoversicherung mit den verschiedenen Vegetationsvorkommen in Regenwäldern. Völlig absurd! Wie konnte das nur passieren? Lisa war doch noch nie auf diese Weise merkwürdig gewesen. Nicht einmal die Haare hatte sie sich je gefärbt. Und wie stolz war er deshalb immer auf sie gewesen. Ganz besonders, wenn er von seiner Frau oder von Arbeitskollegen wieder Geschichten über die unmöglichen Bälger anderer Eltern gehört hatte. Er war dann immer der festen Überzeugung gewesen, dass seine Lisa nie so etwas machen würde, wie beispielsweise tagelang im Zimmer zu hocken, Heavy Metal zu hören und dabei in Piercing-Magazinen herumzustöbern. Sie war immer perfekt gewesen. Seine intelligente, charmante, liebenswerte, normale Lisa. Seine Prinzessin. Und jetzt stellte sich heraus, dass sie nicht nur nicht perfekt war, sondern alle anderen Gleichaltrigen verdammt alt aussehen ließ. Mit diesen dämlichen Windeln und dem Schnuller sogar im wahrsten Sinne des Wortes. Hätte sie sich doch nur die Haare mal schwarz gefärbt oder um ein Piercing gebettelt. So etwas ließ sich leicht wieder abstellen und das wäre ihm jetzt auch alles lieber, als sich Sorgen darüber machen zu müssen, zu welchem Psychiater er seine Tochter schicken sollte.
Lisa spürte derweil, wie die Hoffnung in ihr immer mehr ermattete. Sie war enttäuscht und traurig. Und wütend! Wütend auf ihren Vater, der im Grunde in keinster Weise auch nur versuchte, die Dinge aus ihrer Perspektive zu sehen. Für ihn zählte nur seine Lebensansicht, wo alles so „normal war, wie es sein sollte“. Und diese Ansicht beinhaltete eben keine Windeln an körperlich gesunden Erwachsenen. Windeln gehörten zu Babys und Alten und Unterwäsche zu all jenen dazwischen. So gehörte es sich und nicht anders. Lisa fand diese Gedanken einfach nur lächerlich! Aber trotzdem war sie wild entschlossen noch einen letzten Versuch zu wagen, ihm auch eine andere Welt näherzubringen. Lisa sprach mit ruhiger Stimme: „Nun, wenn du es so nicht verstehen kannst, dann sollte ich es vielleicht noch mal auf eine andere Art versuchen. Ich will versuchen, dir meine Sicht darüber, wie ich wurde, wie ich bin, zu vermitteln: Ich stelle mir das Ganze manchmal wie ein Labyrinth vor,“ sie achtete dabei nicht auf den verächtlichen, höhnischen Ausdruck auf seinem Gesicht, „Es gibt einen Eingang und einen Ausgang. Dazwischen liegt ein direkter Weg, doch denn zu finden schafft im Grunde niemand. Jeder biegt mal falsch ab, doch er findet früher oder später wieder zurück auf den richtigen Weg, um dann zu erkennen, dass er eigentlich nur einen kleinen Umweg gemacht hat, aber alles noch in Ordnung ist. Am Ende wird man ja doch irgendwann den Ausgang finden. Und um ehrlich zu sein, wenn du erst einmal draußen bist, was schert es dich dann noch, wie genau du es geschafft hast? Was bringt es dir auf einen Hügel zu klettern und das Labyrinth von oben anzustarren, damit du deine Schritte nochmal verfolgen kannst? Erstens findest du deinen Weg mit Sicherheit nicht mehr exakt wieder, weil alles ziemlich gleich aussieht, und zweitens, sollte es dir doch unerwarteter Weise gelingen, was hast du davon? Du bist doch endlich draußen und könntest deine Zeit so viel sinnvoller nutzten, als darüber nachzugrübeln was gewesen ist! Verstehst du was ich damit sagen will?“
Ihr Vater runzelte die Stirn und sah sie aus forschenden Augen an. Er schien ernsthaft über die genaue Bedeutung ihrer Worte nachzudenken, wobei das eigentlich nicht weiter schwierig zu erraten war. Das Labyrinth war ihre bisherige Jugend und Kindheit, gespickt mit haufenweise Möglichkeiten es zu durchschreiten. Der „direkte“ Weg war das, was man sich als den typischen, stinknormalen Hetero-Teenager vorstellte, ganz ohne Fetische, Vorlieben oder in-sich-gefangene-Geschlechter, wie es Homosexuelle gerne ausdrückten. Im Grunde das Bild, das er von ihr bisher wahrscheinlich gehabt hatte. Der Rest ergab sich dann von selbst. Am Ende – am „Ausgang“ – stand jedenfalls die fertige, erwachsene Lisa, so wie sie war und in gewissen Dingen – in den Abzweigungen, die sie genommen hatte – unveränderbar. Das musste ihm doch sicher einleuchten? Doch irgendwie hatte sie bei dem bohrenden Blick und der finsteren Mine, mit der er sie anstarrte, kein gutes Gefühl. Und damit sollte sie richtig liegen...
„Also Lisa, nichts für ungut, aber das ist der größte Mist den ich je gehört habe,“ sprach ihr Vater. Lisas‘ Herz setzte einen Schlag aus. Genauso gut hätte ihr Vater ihr seine Faust in den Magen rammen können. Mit vor Wut und Enttäuschung bebender Stimme und Tränen in den Augen erwiderte Lisa: „Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass du es nicht verstehen würdest. Gerade du.“
Doch ihr Vater antwortete mit eiskalter Stimme: „Nein Lisa, ich habe dich sehr wohl verstanden! Auch das ganze Zeug mit dem falsch Abbiegen, das eigentlich nicht falsch war, sondern einfach nur „anders“. Aber ich bitte dich, das wird doch wohl nicht dein Ernst sein! Wo hast du das alles denn her? Von der Homepage irgendeines Irren, der dich vermutlich erst auf diesen Windel-Quatsch gebracht hat? Lisa, jetzt sei doch mal ehrlich. Das bist du doch nicht. Das hast du dir von irgendjemandem einreden lassen und jetzt glaubst du den Quatsch auch noch. Wach auf, damit du endlich wieder dein normales Leben führen kannst!“
Lisa rann eine einzelne Träne über die Wange. Sie hielt es nicht mehr aus, sich weiter zu beherrschen. Warum nur schenkte man ihr keinen Glauben. „Ich bin doch gerade aufgewacht,“ sagte sie mit zitternder Stimme. Dann brach sie endgültig in sich zusammen und weinte unkontrolliert drauf los. Sie heulte und heulte, noch mehr als den ganzen letzten Tag davor. Das durfte nicht sein! Das war nicht möglich! Alles war falsch gelaufen!
Plötzlich spürte sie, wie sie jemand in die Arme nahm an sich drücken wollte. Doch sie schüttelte sie heftig ab und wich zurück. Nicht weil sie keinen Trost gewollt hätte, sondern weil sie wusste, dass jeder Trost den sie hier bekommen würde auf keinen Fall ehrlich gewesen wäre. Als sie den Tränenvorhang für einen Augenblick weggeblinzelt hatte, sah sie die verschwommenen Umrisse ihrer Mutter vor sich. Sie sah sie nur sehr undeutlich, doch was sie dennoch erkannte, war der mittleidige Blick, der auf ihr ruhte. Weiter im Hintergrund und noch undeutlicher sah sie ihren Vater, der sich wieder gemütlich hin gelungert hatte, als wäre es ein ganz normaler Nachmittag. Dabei grinste er sie unverstohlen und fast schon amüsiert an, als wäre sie ein kleines Kind, das sich viel zu übertrieben wegen irgendeiner Kleinigkeit aufregte. Mitleid und Hohn! Mehr war es also nicht, was sie für ihre mutige Offenbarung bekommen hatte. Die Welt war so ungerecht! Erneut füllten Tränen ihre Augen, doch sie wandte sich ab und stürmte davon, um nicht noch mehr Mitleid ertragen zu müssen. Überhaupt gab es jetzt nur noch eines, das sie ertragen konnte und wollte. Oder besser gesagt einen...

Fortsetzung folgt

Per E-Mail eingesendet. Vielen lieben Dank!

4 Kommentare:

  1. Wow...
    Einfach genial, wann geht's weiter?
    Sehr schön geschrieben.

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  2. bitte gleich den nechsten und alle anderen Teile ich platze vor Neugir wie es ausgeht und ob sie es offen ausleben kann.

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  3. Wieder einmal hervorragend geschrieben. Vielen Dank und weiter so!

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  4. Wie üblich genial! Sehr detailliert beschrieben. Vielleicht zieht die Lisa ja jetzt mit ihrem Andreas zusammen und Du könntest noch den Einzug in die neue Wohnung beschreiben. Für Anregungen bin ich gerne zu haben. Mail: molicare-diaper@web.de

    LG Tobi

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