Montag, 19. Dezember 2016

Die Agentur Der Auftrag

Mama war schon immer stolz auf mich und mein gutes Aussehen. Ich konnte beim Blick in den Spiegel zwar nichts Besonderes entdecken, aber ich erschrak auch nicht. Ich war eben ein ganz normaler Junge und mein Gesicht hatte ich schon 12 Jahre, also lang genug, um mich dran zu gewöhnen.




Dass eben dieses Aussehen meine Eintrittskarte in eine ganz neue Welt war, konnte ich natürlich nicht erahnen. Ich war gerade 10 geworden, als mir meine Mutter ein komplett neues Outfit sponserte. Wieder einmal musste meinem Wachstum Rechnung getragen werden. Shopping mit Mama war nicht so schlimm, wie es sich anhört, meistens bekam ich die Klamotten, die ich cool fand. Wir waren nicht reich, aber auch nicht so arm, dass wir bei der Kleidung sparen mussten. Ich war sowieso kein Freund großer Label, ich bevorzugte den individuellen Style. Mein Körper hatte ideale Maße, ich konnte alles tragen.
Wir kamen gerade mit einigen Tüten aus der Shopping-Mall, als eine Frau auf uns zukam, mich komplett von oben bis unten musterte und meiner Mutter erklärte, dass sie für eine Modellagentur arbeitete und auf der Suche nach neuen Gesichtern war.
“Mein Gesicht möchte ich aber behalten.”
Beide Frauen lachten.
“Das kannst du auch. Wir laden dich nur zu Probeaufnahmen ein.”
Meine Mutter nahm die Visitenkarte entgegen und wir gingen zum Auto.
“Endlich macht sich dein Aussehen auch bezahlt.”, sagte sie. “Vielleicht bekommst du dann bald deine Kleidung umsonst.”
Ich war nicht begeistert, lehnte den Gedanken aber auch nicht ab. Mit meinen 10 Jahren dachte ich  noch nicht über Geld oder meine Zukunft nach.

Zwei Wochen später besuchte ich zum ersten Mal die Agentur. Die Frau vom Einkaufszentrum begrüsste uns und brachte uns in einen Konferenzsaal. Eine Kamera zeichnete das Gespräch auf. An einer Seite war eine kleine Fotoecke. Der Fotograf saß mit am Konferenztisch.

Meine Mutter hatte vorab schon ihre Zustimmung erteilt und ich war Hauptperson des Interesses. Mir wurden Fragen nach meinen Hobby's gestellt, ob mir die Schule Spass macht, welche Filme ich gerne schaue. Dann wurden noch einige Foto's gemacht und ein Termin für eine professionelle Fotosession vereinbart. Über Geld wurde nicht gesprochen. Meiner Mutter wurde erklärt, dass sie bei möglichen Aufnahmen immer dabei sein könnte. Man entließ uns mit der Aussicht auf Katalogaufnahmen, ohne eine feste Zusage zu machen. Am nächsten Tag wurden die professionellen Foto's in verschiedenen Outfit's gemacht. Dann war erst mal Stille.

Es dauerte fast ein halbes Jahr und ich hatte die Agentur schon fast vergessen, da kam die erste Buchung für Katalogaufnahmen. Ein lokales Jeansgeschäft brauchte Aufnahmen einer neuen Kinderkollektion. Zusammen mit drei anderen Kindern, einem jüngeren Jungen und zwei Mädchen hatten wir einen interessanten Tag. Es war ungewohnt, beim Umkleiden andere Leute dabei zu haben, als meine Mutter. Ich hab nicht mitgezählt, wie oft ich an diesem Tag mein Outfit gewechselt hatte, als die Sonne unterging, waren alle Aufnahmen gemacht. Meine Mutter saß mit verzücktem Blick mit der Crew zusammen, ich unterhielt mich mit meinen “Kollegen”. Das ältere der Mädchen machte diesen Job schon einige Jahre, erzählte von ihren großen Momenten in einem Werbespot für einen lokalen Autovermieter und träumte von einer großen Schauspielkarriere. Der andere Junge war auch zum ersten Mal bei Fotoaufnahmen und schien nicht sehr glücklich mit der Situation. Das andere Mädchen machte einen gewöhnlichen Eindruck, spielte nicht mit uns und stand lieber bei ihren Eltern. Zwischendurch hieß es immer wieder, die gewollten Positionen einzunehmen und einen glücklichen Eindruck zu machen. Dass die Klamotten nicht immer perfekt saßen, konnte man auf den Foto's nicht erkennen...

Der Fotograf war sehr zufrieden mit meiner Ausstrahlung, fand, dass ich natürlich lächeln würde und unterhielt sich mit meiner Mutter über andere Projekte, die er betreute. Sie verwies ihn auf den Vertrag mit der Agentur, man hatte uns eingehend erklärt, dass alle Buchungen nur über die Agentur abgewickelt werden sollen. Der Fotograf schien nicht überrascht, aber auch nicht sehr glücklich über diesen Umstand. Am Ende der Session gab es einige Polaroids als Andenken und jede Menge Erinnerungen an einen interessanten Tag.

Natürlich war ich der Held in meiner Schule, als der Katalog in den Briefkästen landete. Vorher nur mäßig beachtet, hatte ich plötzlich viele Freundinnen, die in der Schulpause in meiner Nähe standen, Autogramme auf meine Katalogbilder wollten und mich ausfragten, wie das so sei. Es waren auch Erwachsene Model im Katalog und ich musste immer wieder erklären, dass sie bei unseren Aufnahmen nicht dabei waren. Auf einigen Bildern waren wir in Gruppenposings zu sehen, dass die Bilder am Computer zusammengesetzt waren, wollten viele nicht glauben.

Die Jungs aus meiner Klasse waren nicht so begeistert von meinem plötzlichen Ruhm und einige ließen es mich wirklich bei jeder Gelegenheit spüren. Schnell machten Gerüchte über mich die Runde und ich wusste nicht, ob ich mich wirklich darüber freuen sollte. Aber mit dem Geld aus meinem ersten Job konnte ich mir eine nagelneue Spielekonsole leisten und so konnte ich meinen Frust an virtuellen Gegnern auslassen.

Bis zum nächsten Auftrag dauerte es nur wenige Wochen. Mein Erfolg aus dem ersten Katalog war Argument für weitere Angebote und ich nahm sie an. Meine Mom hatte mit mir abgesprochen, dass es meine Entscheidung sei, ob ich das machen will. Nur wenn meine Leistungen in der Schule negativ betroffen wären, würde sie eingreifen. Ich war nicht der beste Schüler, lag im oberen Mittelfeld und die Aufnahmen behinderten mich kaum. Mehr als zwei Buchungen im Monat waren es nicht und meistens wurden die Aufnahmen in die Ferienzeit oder auf's Wochenende gelegt. Das meiste Geld legte meine Mutter auf einem Sparkonto an. Ich sollte später davon studieren können.

Die Vorstellung von kostenloser Kleidung war natürlich Unsinn. Manchmal, wenn die Hersteller selbst die Aufnahmen begleiteten, gab man mir ein oder zwei Stücke, die besonders gut passten, mit nach Hause. Die meisten meiner Arbeitsmittel blieben aber am Set. Trotzdem hatte ich im ersten Jahr meinen Kleidungsbestand deutlich aufgestockt.

Mit den Bademoden - die Aufnahmen fanden im Winter statt - wurde die Bekleidung auch dürftiger. Zum ersten Mal sollte ich nur in Badehose vor fremden Menschen stehen. Der Strand war eine Installation in einem gut geheizten Studio. Der sommerliche Hintergrund wurde später mit Photoshop hinzugefügt. Was an einem richtigen Badestrand kein Problem für mich war, fühlte sich hier komisch an: Alle waren angezogen, nur ich stand fast nackt im Raum. Die Atmosphäre hatte trotz der 10.000 Watt Strahler nichts von Sommer, Sonne und Meer. Man sah mir meine Schüchternheit an. Das Team versuchte, die Stimmung sommerlich zu gestalten, indem sie Hawaiihemden, Shorts und Sonnenhüte trugen. Es wurde gelacht, gealbert und ich taute auf. Ich gewöhnte mich an den Umstand, fast nackt von Erwachsenen umgeben zu sein, die ständig damit beschäftigt waren, meine Kleidung zurechtzuzupfen, Glanzflecken wegzupudern oder meinen Körper in die Position zu bringen, die der Fotograf haben wollte. Ich lernte in einem Jahr alle Posen kennen, konnte auf Kommando lächeln und merkte gar nicht, dass ich fast so professionell geworden war, wie das Mädchen von meinem ersten Fotoshot. Ich träumte nicht von einer Hollywood-Karriere, aber meine Wünsche hatten sich verändert.

Nach dem Bademoden-Shoting wurde eine Firma für Unterwäsche auf mich aufmerksam. Die Agentur hatte von jedem Auftrag mindestens eine Aufnahme in meine Setcard aufgenommen. Die neue Firma hatte Themenkataloge und feste Model's für ihre Kollektionen. Für mich bedeutete es gutes Geld mit regelmäßigen Aufträgen. Schnell lernte ich das feste Team kennen, meine anfängliche Schüchternheit ging schnell in Routine über. Studioaufnahmen wechselten sich mit Aufnahmen im Freien ab. Jeder Katalog hatte ein Grundthema. Neben den Fotoaufnahmen wurden auch einzelne Video's gedreht. Ich lernte andere Jungs kennen, alle Altersklassen. Manchmal alberten wir, nur mit Unterhose bekleidet, herum. Das Klicken der Kamera schienen wir fast zu vergessen, die Bilder waren besonders beliebt. Sie zeigten nicht einfach nur Unterwäsche, sondern auch, wie gut sie in der Praxis saß. Kein anderes Unternehmen war so freizügig mit den getragenen Klamotten, ich durfte ausnahmslos alle Modelle, die ich getragen hatte, behalten. Meine Setcard füllte sich und dokumentierte auch lückenlos meine körperliche Entwicklung. An Unterwäsche mangelte es mir nicht mehr.

Ich hatte nicht bemerkt, wie unbeschwert ich mit Nacktheit oder Beinahe-Nacktheit umging. Mein Starruhm vom Anfang war der Gewöhnlichkeit des Alltags gewichen. Die meisten Aufnahmen bekamen meine Mitschüler sowieso nicht zu Gesicht. Dafür war das Gebiet der Kataloge und Internetshop's zu gross. Meine Eltern begannen, sich etwas um meine Sicherheit zu sorgen. Hin und wieder erreichten uns ungebetene Briefe oder Telefonanrufe, obwohl die Agentur alles daran setzte, die Identität der
Klienten geheim zu halten. Schon ganz am Anfang hatte man mir eine Liste mit potentiellen Künstlernamen vorgelegt, damit ich in den Themenkatalogen nicht meinen eigenen Vornamen verwenden musste. Wenn jemand am Telefon nach "Scotty" fragte, pflegten meine Eltern einfach zu sagen, dass sich der Anrufer wohl verwählt hätte, weil sie keinen Scotty kennen.

Mein 12. Geburtstag nahte, als die Agentur zu einem Gespräch einlud. Zwei Männer waren da und das Gespräch fing anders an, als gewöhnlich. Mir wurde von Kindern mit Behinderung erzählt, Kindern mit gesundheitlichen Problemen und dem Versuch, diesen Kindern das Leben leichter zu machen. Mir wurden Geschichten erzählt, die mit "Stell dir vor..." anfingen. Ich hatte immer noch keine Ahnung, was für eine Firma das war und was sie bewerben wollten. Dann kam die Überraschung. Blitzschnell landete eine Verpackung aus Klarsichtfolie auf dem Tisch, darin ein Stapel ... Windeln?

Für Baby's waren diese Windeln definitiv zu gross. Ich schaute das Paket an, schaute meine Mutter an, die rechts neben mir saß, schaute die Agenturleiterin an, die neugierig meine Reaktion studierte und blickte die Männer an, die ebenso nach einer Antwort in meinem Gesicht zu suchen schienen. Scheinbar wartete alles in gespannter Stille darauf, dass ich etwas sagen würde. Statt dessen beugte ich mich über den ovalen Konferenztisch, angelte mit den Fingerspitzen nach dem Paket und zog es zu mir herüber.

Es waren Windeln. Eine blaue Folie mit Motiv und weißem Mittelteil zeigte klar den Verwendungszweck. Nun ergab das Gespräch und die ganze Vorarbeit einen Sinn. Ich sollte für Windeln werben. “Und wie genau haben Sie sich das vorgestellt? Soll ich sie in die Kamera halten?”

Wieder war Schweigen im Raum. Einer der Männer holte tief Luft und sagte: “Eigentlich wollten wir, dass du sie anziehst und dich damit fotografieren lässt.”
Nun war ich der, der sprachlos war.
“Wir wollen heute keine Entscheidung von dir. Wir bitten dich nur, das Paket mitzunehmen und es dir zu Hause anzuschauen. Denk drüber nach, red mit deinen Eltern und lass uns wissen, wie du darüber denkst.”

Die beiden Männer standen auf, verabschiedeten sich und ließen uns im Konferenzzimmer allein zurück. Meine Agentin wartete einen Moment, bevor sie anfing:
“Im Prinzip ist es auch Unterwäsche und es soll den Kindern helfen, die sich schämen, damit zu leben.”
“Ich glaube nicht, dass ich das kann.”, sagte ich. “Ich werde zum Gespött in meiner Schule.”
“Ich kann deine Bedenken verstehen. Die Firma sucht schon über zwei Jahre nach einem Werbeträger und bisher haben alle abgelehnt. Sie sind bereit, wirklich gut dafür zu bezahlen.”
Ich schaute meine Mutter an. Sie schien die Frage von meinem Gesicht ablesen zu können. “Das musst du selbst entscheiden, wie immer, mein Baby.”

Den letzten Teil hatte sie besonders betont und es trieb mir die Röte ins Gesicht. Meine Mutter nannte mich oft "Mein Baby", während sie mich knuddelte und mit feuchten Küssen übersäte, aber bis eben war das nur ein Kosename ohne Bezug zu Windeln. Ich konnte nichts mehr dazu sagen, ich griff nach dem Paket, stand auf und ging zur Tür. “Lass uns fahren, bevor ich es mir anders überlege.”
“Ich ruf euch an, nächste Woche.”, sagte meine Agentin zur Verabschiedung. Ich nahm das Paket so unauffällig unter den Arm, wie es die durchsichtige Folie zuließ. Es war kein Aufdruck drauf, es handelte sich offensichtlich um Muster. Trotzdem wollte ich nicht, dass ich damit auf der Straße gesehen wurde. Wir fuhren mit dem Fahrstuhl in die Tiefgarage und zum ersten Mal war ich froh, dass uns bis zum Auto keiner sehen konnte. Ich warf das Paket auf die Rückbank und schnallte mich wortlos an. Meine Mutter murmelte nur ein "Sorry." und startete den Motor.

***

Da saß ich nun, die ominöse Packung vor mir auf dem Fussboden. Als wir zu Hause waren, hatte ich das Auto verlassen und beinahe mein neues Arbeitsmittel liegen lassen. Ich hatte nicht viel mit meiner Mutter gesprochen. Ihre Versuche, mit Smalltalk die Stille zu durchbrechen, ließ ich ins Leere laufen. Ich schaute aus dem Seitenfenster, schaute in andere Auto's, betrachtete die Menschen und verdrängte das Wirrwarr in meinem Kopf. Windeln - ausgerechnet Windeln. Insgeheim konnte ich mir schon die nervigen Sprüche in der Schule vorstellen. Weniger der Gedanke an die Windeln brachte mich durcheinander, die Konsequenzen bereiteten mir unangenehme Gefühle. Einen Vorgeschmack hatte ich schon bekommen, als ein Mitschüler einmal im Sportunterricht einen deutlichen Fleck gelblicher Art in der Unterhose hatte. Wochenlang war er Mittelpunkt gehässiger Rufchöre auf dem Schulhof. Eines Tages war er verschwunden und uns wurde gesagt, seine Eltern wären umgezogen. Ich wollte nicht dieses Schicksal erfahren müssen.

Immer noch betrachtete ich die blau schimmernde Folie durch die Verpackung, löste mich aus meiner Gedankenstarre, riss das Paket auf und nahm eine Windel in die Hand. Chemischer Plastikgeruch stieg mir in die Nase. Die Folie fühlte sich glatt und weich an. Die Windel war im gefalteten Zustand fast drei Zentimeter dick, dicker, als in der Verpackung. Ich faltete das Monstrum auseinander und zum ersten Mal lag das Innere offen vor mir. Bündchen stellten sich auf, umrahmten den inneren Kern. Die freudige Farbe der Außenseite war einem schlicht weißem Inneren gewichen. Ich legte meine Hand drauf und es fühlte sich weich und hautfreundlich an. Der Geruch, das Gefühl, das leichte Rascheln, meine Bedenken waren erst einmal verflogen und die Neugier, gemischt mit einem Anflug von Lust übernahm. Ich nahm die Windel in beide Hände und versenkte mein Gesicht im Saugkörper, nahm den Duft auf, der nun gar nicht mehr chemisch wirkte, sondern mit einer unbekannten Süße die Nase ausfüllte. Verstohlen blickte ich zum Fenster. Wäre echt blöd, wenn mich jemand so sehen könnte, dachte ich. Erst jetzt dachte ich daran, die Zimmertür abzuschließen. Seit einigen Monaten hatte ich dieses Privileg erhalten, nachdem meine Mutter mehrmals ins Zimmer geplatzt war, während ich gerade meine Unterhosen wechselte. Anfangs tat sie, als wäre es ganz normal für Mütter, ihre Söhne nackt zu sehen, mir war es aber nicht mehr so egal, wie früher und so vereinbarten wir nach einem handfesten Streit, dass ich in solchen Situationen meine Zimmertür abschließen soll. Jetzt war so ein Moment. Mein Zimmer lag im zweiten Stock des Hauses, direkt unter dem Dach. Durch's Fenster konnte keiner reinschauen, meine ersten Erforschungen neuen Landes wollte ich aber nicht durch einen plötzlichen Zimmersturm gestört wissen. Ich drehte den Schlüssel rum, prüfte, ob die Tür auch wirklich verschlossen war und ging zurück zu meinem Bett.

Ich breitete die Windel auf dem Bett aus, versuchte, sie glatt zu streichen, was die eingearbeiteten Gummi's verhinderten und überlegte, was ich nun machen sollte. Ich entschloss mich, erst mal komplett gekleidet erste Anproben zu machen. Ich legte mich auf die Windel und sehr unbeholfen faltete ich die Plastikflügel um mein Becken. Als ich die Windel zukleben wollte, merkte ich, dass die Tapes auf der falschen Seite waren. Ich hatte die Windel verkehrt herum auf's Bett gelegt. Ich stand wieder auf, legte die Windel richtig herum hin und strich sie abermals so glatt wie möglich. Die Steifheit vom Anfang war nicht mehr so stark, die Folie zeigte erste Nutzungsspuren. Abermals legte ich mich darauf, wieder faltete ich die Windel um mein Becken und dieses Mal konnte ich die Tapes auch schließen. Ich setzte mich hin. Das Gefühl war seltsam, bei jeder Bewegung knisterte die Folie. Ich stellte mich vor meinen Spiegel, der gross genug war, um mich im Ganzen zu zeigen und sah ein zusammengewurschteltes Plastik-Etwas um meine Hüfte. So konnte es nicht richtig sein. Keine Form, keine Ästhetik, nichts, was man in einer Kamera zeigen wollte, ob mit oder ohne Kleidung drunter.

Ohne zu überlegen öffnete ich die Tür, ging runter zu meiner Mutter und stellte mich etwas breitbeinig in die Tür.
“Huch!”, schrie meine Mutter auf, als sie mich sah und brach in schallendes Gelächter aus. Sie sah meinem beleidigt verwirrten Blick und unter Lachen sagte sie: “Sorry, mein Schatz. Das ist nicht böse gemeint, es sieht nur total witzig aus.”. Immer noch gluckste sie und hielt sich die Hand vor den Mund, immer noch den Kochlöffel in der Hand. Immer wieder unterbrach ein "Sorry, Baby." ihr Lachen und sie hielt mir beschwichtigend die andere Hand entgegen. Ich kam mir total bescheuert vor. Ich drehte mich auf dem Absatz um.
“Es ist so lustig, wie du dich angezogen hast, Honey. Bleib bitte da.”
Ich ignorierte den Erklärungsversuch, ging wieder in mein Zimmer und noch im Gehen riss ich mir die Windel vom Körper. Dabei stellte ich fest, dass die Klebestreifen wirklich fest waren, denn auf den ersten Versuch wollte dieses Kleidungsungetüm nicht nachgeben. Ich öffnete meine Tür und die zerknüllte Windel landete direkt neben der aufgerissenen Verpackung. Ich setzte mich auf mein Bett und schmollte. Wenn meine Mutter schon so lachte, hatte ich nicht vor, mich zum Gespött einer ganzen Stadt zu machen.

8 Kommentare:

  1. Wow.... Ich bin sprachlos!
    Bitte lieber Autor liebe Autorin, gib dich zu erkennen.
    Das ist mit Abstand eines der besten Geschichten die zu der Thematik gelesen habe!

    Hut ab!!

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  2. Die Geshichte ist auch mal ganz intdressant. Eben aus der Sicht eines Kindes, was Überlegungen hat und ausprobieren muß was Ihm gefällt. Schreib bitte unbedingt weiter. Liest sich spannend.

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  3. Wow was für ein Anfang .... Manns kaum erwarten wie es weitergeht

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  4. ich denke mal, du möchtest die brücke zu den Race car- oder stardiapers schlagen? Auf jeden Fall eine richtig gute Geschichte �� ich freu mich auf den nächsten Teil

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  5. Sehr schön geschrieben, tolle Idee. Bitte weiterschreiben

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  6. Toll geschrieben. Hoffe es geht weiter. Danke.

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  7. Interessante Geschichte, schöner Schreibstil. Ich hoffe Du schreibst weiter.

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