Samstag, 9. Januar 2016

Die entführten Zwillinge Teil 3: Gewagte Pläne


Kira hielt vor Schreck den Atem an. Doch es gab keine Zweifel: Dr. Winter stand mitten in einer Familiengruft. Was hatte das zu bedeuten? Dr. Winter trat wieder in die Mitte des Bildschirms, seufzte kurz und begann dann, zu erzählen: "Vor etwa 16,5 Jahren habe ich zwei Waisenkinder adoptiert, die aus einer deutsch-italienischen Großfamilie stammten.



 Die Mutter hatte die Kinder eigentlich abtreiben wollen, weil sie schon 5 Kinder bekommen hatte. Doch dazu war es irgendwann zu spät, weil sie sehr lange mit sich haderte. Also gab sie die Kinder - Julia und Stella - später schweren Herzens zur Adoption frei. Ich wollte zwar unbedingt Kinder haben, kann aber leider keine bekommen. Deshalb habe ich mich auf die Zeitungsanzeige gemeldet und mich gleich beim ersten Besuch bei der Großfamilie sofort in die beiden verliebt und beschlossen, sie bei mir aufzunehmen. Wenig später zog ihre Familie weg, sie hinterließen keine Hinweise auf ihren neuen Wohnort. Ich schloss daraus, dass die Familie keinerlei Kontakt zu den Zwillingen haben wollte. Ich zog Julia und Stella groß. Schließlich erzählte ich ihnen vor einem halben Jahr die Wahrheit über ihre Eltern und die Adoption. Sie waren mitten in der Pubertät und reagierten ..." Dr. Winter stockte und Kira sah trotz des wenigen Lichts eine Träne über die Wange der Ärztin laufen. "Julia und Stella waren außer sich. Sie knallten die Tür zu, stiegen auf ihre Fahrräder und fuhren weg ... Aber sie kamen nur bis zur Hauptstraße. In ihrer Wut übersehen sie den Verkehr und ..." Jule Winters Stimme versagte. Es dauerte eine halbe Minute, bis sie sich wieder fing. Kira schaute betroffen und ahnte bereits, worauf Jule hinauswollte. "Beide waren knapp 1,80 m groß, hatten braunes Haar, trugen dieselben Frisuren wie ihr, begannen schon früh damit, keine Jeans mehr zu tragen, sondern Strumpfhosen und Jogginghosen, beide liebten Daunenjacken über alles und ich fand als sie 12 waren heraus, dass sie einen Windelfetisch hatten und öfter Bondagespiele betrieben. Was meint ihr, wie aufgeregt ich war, als ich euch entdeckte, als ihr endlich 16 wurdet und wir euch gestern einfingen. Und deshalb haben wir euch nicht zuerst in die Klinik gefahren..." Ich habe es gewusst, triumphierte Lilly innerlich. Wäre sie nicht gefesselt gewesen, hätte sie das auch für Kira sichtbar kenntlich gemacht. "Wir sind mit euch zu meiner Ferienhütte an einem See gefahren, hier ganz in der Nähe. Ich möchte euch nicht vorenthalten, was dort mit euch geschehen ist." Das Bild wechselte. Kira kniff die Augen zusammen, denn es wurde sehr hell auf dem Bildschirm. Sie sah sich und Lilly. Beide lagen in Daunenjacken gehüllt in einem dicken Windelpaket - ohne Strumpfhose - auf zwei Särgen mit den Köpfen auf Kissen, mit dem Körper auf Schlafsäcken. Über dem Kopf trugen sie weiße, durchsichtige Schleier, sie waren mit dünnen, weißen Stricken auf den Särgen gefesselt und mit silbernem Klebeband geknebelt. Dr. Winter zündete rings um die Särge Kerzen an, legte je eine bildschöne Rose auf die beiden reglosen Körper und küsste sie auf die geknebelten Münder. Dann faltete sie die Hände. Die Kamera ging zur Seitenansicht, sodass Kira und Lilly deutlich sahen, wie Dr. Winter sich auf den Boden kniete und leise, aber schnell einige undeutliche Sätze sprach. Anschließend stand sie auf, strich beiden erst über die Haare, dann über die Windelpakete und begann dann, die Fesseln zu lösen. Hier endete die Szenerie. Lilly konnte es nicht glauben. Sie waren in den Händen einer Psychopathin, einer Frau, mehr noch, einer Ärztin, die nach dem Tod ihrer Adoptivtöchter in Kira und ihr deren Nachfolgerinnen sah. Erneut brachte Dr. Winter Lilly in ein Gefühlschaos. Was würde geschehen? Wollte Dr. Winter mehr als nur eine Standard-OP an Ihnen durchführen? Diese Frage sollte Lilly nur Sekunden später beantwortet bekommen: "Ich mache euch ein Angebot", hörten Lilly und Kira Dr. Winter sagen, das Bild war wieder zur Gruft gewechselt. "Entweder, ihr erhaltet den gängigen Standard-Aufenthalt in der Klinik und verlasst sie in zwei Wochen wieder... Oder ihr nehmt mein Angebot, euch zu adoptieren, an." Das jagte Kira einen Schauer über den Rücken. Adoptiert von einer Wahnsinnigen? Kira dachte schon einen Schritt weiter: Würde Dr. Winter ihnen nach Ablauf der zwei Wochen zurück in Hamburg nachstellen, sie weiterhin beobachten? Würden sie umziehen müssen, falls sie ihr Angebot nicht annehmen würden? "Ihr müsst nicht. Es ist freiwillig. Und ihr habt zwei Wochen Zeit zu überlegen. Lehnt ihr mein Angebot ab, verschwinde ich aus eurem Leben. Für immer. Das verspreche ich hiermit", beantwortete die Ärztin Kiras Gedankengänge. "Ich werde euch jetzt schlafen lassen und solange nicht auf dieses Thema zu sprechen kommen, bis ihr selbst eine Entscheidung trefft. Ab morgen ist also heute Nacht praktisch nichts geschehen - wie lange, hängt von euch ab. Seid versichert, dass ich gut für euch sorgen werde - dieses Mal werde ich das ganz bestimmt..." Dr. Winter lächelte. Erneut fröstelte Kira in ihrem warmen Daunenjackenpaket. Auch Lilly wusste nicht, was sie tun sollte. Sie dachte an Kira, die morgen bei Dr. Winter auf dem OP-Tisch liegen würde. Und angesichts der Verträge, des guten Versteckes der Klinik und den Fesseln, aus denen es kein Entrinnen gab, wusste sie nicht, wie sie etwas daran ändern sollte.

Am nächsten Morgen gab mehrere Überraschungen: Michaela teilte den Schwestern kurz bevor sie abgeholt und vor die Schleuse gebracht werden sollten, mit, dass einige wichtige Werkzeuge offenbar über Nacht verschwunden waren. Die OP musste auf Montag verschoben werden. Am Nachmittag gab es dann plötzlich Feueralarm in der Klinik - ein Fehlalarm, wie sich schnell herausstellen sollte. Doch zeitgleich flog die Tür zum Zimmer von Kira und Lilly auf. Beide lagen gerade in ihren Betten, gekleidet in Daunenjacken, Jogginghose und Windeln und unterhielten sich über den gestrigen Video-Auftritt von Dr. Winter, als zwei Mädchen in Schwestern-Kleidung in den Raum stürmten, jede sich ein Bett griff, es losmachte und damit auf den Gang fuhr. Kira und Lilly konnten gar nicht reagieren, so schnell ging der Überfall. Aber Kira sah, wie eines der Mädchen einen Finger auf die Lippen legte. Auf dem Gang war die Hölle los, alle wuselten wegen des Alarmes durcheinander. Die Mädchen schlängelten sich durch die Menge zu den Fahrstühlen, riefen per Knopfdruck zwei herbei, schoben die Betten eilig hinein und drückten den Knopf für das Erdgeschoss. Kira traute ihren Augen nicht: "Maja?! Du? Aber..." "Später, Kira, später!" Die Tür schwang auf, Maja schob Kira aber nicht auf die Rezeption zu, sondern auf der anderen Seite zum OP-Gang. Dort begegneten sie dem anderen Mädchen, welches Lillys Bett schob. Völlig perplex ließen sich die Zwillinge in die Schleuse schieben. "Die Operationen sind jetzt alle beendet. Hier sind wir ungestört", erklärte Maja, dann stellte sie ihre Helferin endlich vor: "Das ist Nadja. Ich konnte sie mit Mühe und Not zu dieser Aktion überreden. Denn gestern habe ich beim Besuch in eurem Zimmer mehrere ziemlich teure Kameras entdeckt. Und als ich in unserem Zimmer vergeblich danach suchte, und Nadja plötzlich hinter mir stand und wissen wollte, was ich vorhabe, hab ich ihr schließlich eure Geschichte erzählt und ihr meine Entdeckung mitgeteilt. Und reich sein zählt sich wohl doch aus." "Exakt", warf Nadja ein, "ich habe mich nämlich heimlich in das System von Dr. Winters PC hier in der Klinik hacken können, als Maja sie gestern Abend durch simulierte Schmerzen abgelenkt hat. Durch die dort gespeicherten Bilder einiger Zeitungsartikel und einigen heimlichen Recherchen im Internet erfuhren wir von einer sehr interessanten Geschichte und zogen Schlussfolgerungen. Ich nehme mal an, das hat sie euch dann später per Video-Botschaft auch erzählt. Die Verbindung des Fernsehers war gestern Abend nämlich einige Minuten lang gestört. Und da ich letzte Woche einen idealen Fluchtplan entworfen, aber noch nicht ausgeführt habe, hebe ich euch nun die Chance, einer Operation von einer psychisch traumatisierten "Ärztin" zu entgehen. Heute früh konnte ich mich in die Schleuse schleusen und einige Werkzeuge mitgehen lassen und heute Mittag den Feueralarm vorbereiten. Und fragt nicht, warum ich das alles für euch tue. Erstens ist dann mal was los hier und zweitens könnte ich es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, dass zwei unschuldige Mädchen von einer Psychopathin versklavt werden und ich es hätte verhindern können. Aber ich reise heute schon ab. Wenn ihr also etwas erreichen wollt, müsst ihr das ohne mich. Ich gebe euch alle Informationen, die ihr braucht, um heute Nacht aus der Klinik zu kommen." Etwas staunend blickte Maja Nadja an. So kannte sie ihre Bettnachbarin nicht. Kira und Lilly hatten sich mittlerweile aufgesetzt schauten Nadja mit großen Augen an. Sie war blond, trug viel Make-Up und Locken und steckte in einem schwarzen Leder-Latex-Kostüm. Nun kam Kira zu Wort. Sie berichtete ihren "Entführern" alles, was gestern Abend noch geschehen war. Die Schwestern hatten einen Entschluss gefasst: Auf keinen Fall wollten sie sich von Dr. Winter adoptieren lassen. Schließlich beschlossen die Zwillinge, Nadjas Angebot anzunehmen, woraufhin Maja versprach, sie zu begleiten. Nadja wiederum sorgte erneut für eine Überraschung, als sie sich bereit erklärte, den drei Mädchen später wenn sie abgereist war, drei Bahntickets nach Hamburg zu besorgen. Sie vereinbarten ein Bahnschließfach, in dem die Tickets liegen sollten und einen Ort, an dem der Schließfachschlüssel sicher war.
Wie sich später herausstellte, war es Nadja freigestellt, ob sie direkt nach Hause (betäubt) oder nur zum nächsten Bahnhof gebracht werden sollte. Somit reifte der Plan der vier Mädchen immer mehr.
Als Jule Winter an diesem Abend bei ihrer Freundin Karin eintraf, stieg sie nicht sofort aus ihrem Auto. Sie warf einen Blick Richtung Kofferraum. Ihre Einkäufe ragten hervor, Daunenjacken, Klebeband, Strumpfhosen, Socken und Slips als Knebelfüllung, Latexkleidung, Stiefel, Schlafsäcke, sowie mehrere Fläschen und Spritzen aus der Apotheke. Jule dachte pausenlos an Kira und Lilly, an Julia und Stella und verglich sie miteinander. Sie waren fast identisch. Noch immer konnte Jule ihr Glück kaum fassen. Dann blickte sie auf das Display ihres Handys. Immer wieder spielte sie einen Satz ab, den Kira in der Schleuse stellvertretend für die Zwillinge gesprochen hatte: „Wir lassen uns auf gar keinen Fall von dieser Psychopathin adoptieren.“ Auf gar keinen Fall? Die Mädchen würden sehr bald sehen, wo sie bald leben würden. Über das Gesicht der Ärztin glitt ein dämonisches, leichtes Lächeln. Ihr Plan war perfekt. Heute Nacht würde die Sache steigen. Danach würde sie die Mädchen in der Hand haben… Jule Winter stieg aus, warf die Tür ihres roten Kleinwagens zu und steuerte die Haustür an. Plötzlich vernahm sie rechts davon ein Flackern. Karin gab ihr zu verstehen, dass sie zur Tiefgarage kommen sollte. Als Dr. Winter das Tor aufstieß, kam ihr ein eiskalter Wind entgegen. Schnell schloss sie das Tor wieder und blickte auf ein Taxi, welches einsam und verlassen in der Mitte der Garage stand. Karin Kirschweg stieg aus, knallte die Tür zu – ein Geräusch, welches sehr laut nachhallte – und grinste ihre beste Freundin breit an. Dr. Winter nickte wortlos. Über ihre Lippen huschte ein flüchtiges „Danke“, dann stieß Karin die hintere Tür der Garage auf. Die beiden Frauen begaben sich über den Keller nach oben in Karins Wohnzimmer. „Wein?“ „Heute nicht. Wir müssen beide nüchtern bleiben, das weißt du!“, ermahnte Jule ihre Freundin. „Na gut. Dann nehmen wir heute eben die gute, alte Cola.“
Für Nadja als Computerexpertin war es kein Problem gewesen, den drei Mädchen den Sicherheitsplan für die Klinik auszudrucken, drei Bahntickets zu buchen und die Aufnahmen der Kameras von diesem Tag zu löschen, während Maja vor dem Verwaltungsbüro Schmiere gestanden hatte. Durch den Feueralarm hatte Nadja Zeit gewonnen. Normalerweise waren die Sonntags-Abreisen der Klinik bis zwei Uhr nachmittags erledigt. Es war jedoch bereits fast sieben Uhr abends, als Nadja die Klinik verlassen hatte. Stunde um Stunde verstrich und auf der Station wurde es immer ruhiger. Nur noch Schwester Michaela geisterte um 22 Uhr noch auf der Station herum, schaute mal hier und mal dort rein, las in einer Klatschzeitschrift oder quasselte mit den Leuten vom Personal, die sich zufällig auf die Station verirrten. Kira und Lilly lagen gefesselt und geknebelt mit dickem Windel- und Daunenjackenpaket in ihren Betten. Maja hatte am Abend Bauchschmerzen simulieren können, um der Fesselung zu entgehen. Damit hatte sie einen der Tricks angewandt, von denen sich Nadja in den letzten zwei Wochen bedient hatte. Statt mit Klebeband waren lediglich Majas Hände mit Handschellen an das Bett gekettet und ihre Füße mit Fußschellen auf ähnliche Weise gesichert worden. Es dauerte zwar länger als geplant, da Maja kaum Übung damit hatte, doch mithilfe einiger Klammern von Nadja gelang es ihr gegen 23:30 Uhr endlich, sich von den Fesseln zu befreien. Eilig entfernte sie ihre fünfte Windel und klebte den Sensor unter die Bettdecke. Dann streifte sie ihr Kleid ab und zog ein OP-Hemd, welches noch in ihrem Schrank lag, über, um sich besser bewegen zu können und gleichzeitig, um weniger aufzufallen. Später wollte sie diese Kleidung durch einen Schwesternkittel aus der Wäschekammer ersetzen. Nun kam ihre große Stunde. Sie drückte den Schalter an ihrem Bett, um die Schwester zu rufen. Eilig postierte sie sich mit einem Lappen aus dem Badezimmer, der von Nadja mit Chloroform aus dem OP-Raum getränkt worden war, neben der Tür. Schwester Michaela kam schneller als erwartet, offenbar war sie erleichtert, dass sie jemand rief. Sie riss die Tür zu Majas Zimmer auf – und spürte im nächsten Moment, wie ihr jemand aus der Finsternis etwas mit aller Kraft unter die Nase drückte. Nach einigen unverständlichen Lauten sank Michaela zusammen. Maja öffnete ihre Zimmertür leise und schlich zum Zimmer der Zwillinge. Diese waren schnell von Fesseln und Knebel befreit. Zu dritt hievten sie Schwester Michaela in Majas Schrank und schlossen ab, nachdem sie sie Klebeband gefesselt und geknebelt hatten. Kira öffnete erneut leise Majas Zimmertür: „Niemand zu sehen, die Luft ist rein. Los!“ Die Mädchen nahmen nicht den Fahrstuhl, denn der war zu dieser Zeit bereits außer Betrieb geschaltet. Vor dem Treppenhaus machten sie einen Abstecher zur Wäschekammer und kleideten sich als Schwestern ein. Lilly blickte nochmal auf die Notiz, die Nadja geschrieben hatte und auf der sie die Abfahrt und das Gleis des Zuges nach Hamburg notiert hatte. Mithilfe von Google Maps hatte Nadja den Standort der Klinik lokalisieren können. „Vier Stunden Bahnfahrt“, seufzte sie innerlich. Im Treppenhaus kamen sie nur langsam voran, da sie nicht wussten, wie viele Schwestern noch auf den anderen Stationen unterwegs waren. Deshalb schlichen sie fast lautlos die Treppen herauf bis sie schließlich im letzten Geschoss der unterirdischen Klinik angelangt waren. Hier befand sich keine Treppe mehr, sondern nur eine Art Tor, vor dem eine Tastatur angebracht war. Lilly tippte den Code von ihrer Notiz ab. Kira, die mitgelesen hatte, wollte Lilly gerade stoppen, als diese die Eingabe bestätigte. Sie war bis auf die letzte Zahl, die Lilly im diffusen Licht der Taschenlampe von Michaela falsch interpretiert hatte, komplett richtig gewesen. Jetzt ging lautstarker Alarm los. Hastig riss Kira ihrer Schwester den Zettel aus der Hand und tippte erneut. Dieses Mal klappte es, doch das stoppte den Alarm nicht, schon hörten die Mädchen schwere Schritte auf der Treppe. Das Tor war alt, es öffnete sich quälend langsam und gerade als der Spalt groß genug zum Durchqueren wurde, sahen die drei Ausreißer eine weiß gekleidete Gestalt auf der Treppe. Kira schob sich eilig durch den Durchgang, dann Maja und zuletzt wollte Lilly hindurch, doch die Frau hatte sie bereits erreicht. Es war Schwester Anja, die Nachtdienst auf Station 1 gemacht hatte. Lilly handelte richtig. Instinktiv verbarg sie ihr Gesicht, holte mit ihrem Bein aus, was Anja in der Dunkelheit nicht sehen konnte und traf die Schwester mit ihren Latexstiefeln am Schienbein. Diese schrie überrascht auf vor Schmerzen. Lilly riss sich los, rannte durch das Tor, welches sich gerade automatisch wieder zu schließen begann und stolperte auf die Straße.
Die Mädchen mussten nach einem kleinen Sprint, den sie eingelegt hatten, um ihrer Verfolgerin zu entfliehen, einsehen, dass sie in die falsche Richtung gelaufen waren. Es war nicht ganz gefahrlos, den selben Weg zurück zu nehmen, deshalb zogen sie die Schwesternkittel aus und warfen sie in eine Mülltonne. Darunter trugen Kira und Lilly je drei ihrer Daunenjacken, die übrigen vier hatten sie Maja überlassen. Alle drei hatten sich – um sich besser fortbewegen zu können – auf drei Windeln beschränkt. Ihre Strumpfhosen waren in der sternenlosen Nacht kaum zu sehen. Die Klinik lag in einem recht weitläufigen Park, an dessen Ende sich eine Straße befand. Zu dieser Zeit – es war kurz vor zwei Uhr nachts – kamen nur noch selten Autos vorbei. Schließlich bogen die Mädchen in eine lange Nebenstraße ein, an deren Ende man laut Nadja den Bahnhof eigentlich schon sehen können sollte. Schon bald waren die drei erschöpft. Sie hatten während ihrer Flucht nicht viel geredet. Doch plötzlich tauchte wie aus dem Nichts ein Auto auf – ein Taxi. Kira überlegte nicht lange, da Nadja die Fahrtkosten für die Bahnfahrt zunächst einmal übernommen hatte, blieb ihnen genug Geld für ein Taxi. Kurz blickte sie Maja und Lilly fragend an, als diese stumm zustimmten, hüpfte Kira mit ausgestrecktem Daumen auf den Straßenrand zu. Die Scheinwerfer des Taxis erfassten das Mädchen und das Auto hielt. Schwungvoll öffnete Maja die Autotür. Sie ließ sich mit Kira und Lilly auf den Rücksitz plumpsen und sagte: „Zum Bahnhof bitte!“ Wortlos fuhr die Fahrerin – mehr, als dass es eine Frau war, die am Steuer saß, hatte Kira nicht erkennen können – los.
Maja merkte als Erste, dass etwas nicht stimmte. Leise stieß sie Lilly an und deutete auf die Straße. Entweder, die Frau wollte mehr Geld haben und fuhr einen riesigen Umweg oder sie fuhr nicht zum Bahnhof. Maja erhob ihre Stimme: „Entschuldigen Sie, aber das ist hier nicht der richtige Weg!“ Die Fahrerin antwortete nicht. „Hallo?“ Kira hatte währenddessen gedankenversunken ihr Windelpaket betastet und festgestellt, dass sie am Abend zu viel getrunken hatte. Die erste Windel war mit Urin gefüllt. Jetzt schreckte sie auf, blickte kurz nach draußen, räusperte sich dann und wagte einen zweiten Anlauf: „Würden Sie uns bitte sagen, warum Sie nicht den direkten Weg zum Bahnhof nehmen?“ „Sagen wir mal so“, antwortete ihr eine ziemlich tiefe Stimme vom Fahrersitz, „es geht nicht zum Bahnhof.“ Kira wollte die Tür aufreißen, doch die Frau hatte sie verriegelt. „Hören Sie“, setzte Lilly an, „wir haben kaum Geld, was wollen Sie?“ Schweigen. Dann bog die Taxe in eine Einfahrt und stand gleich darauf in einer Tiefgarage.
Die Mädchen saßen in der Falle. Die Fahrerin blieb sitzen, gleich darauf öffnete sich die Beifahrertür und ein den Mädchen wohlbekanntes Gesicht stieg ein. „Sehr gut gemacht, Karin“, sagte die Frau. Dann drehte sie sich um. Kira gefror das Blut in den Adern, Lilly verfiel in eine ihr wohlbekannte Schockstarre und Majas Atmung beschleunigte sich. „Ihr seid mir in die Falle gegangen. So wie ich es geplant habe. Jetzt habt ihr keine andere Wahl. Akzeptiert die Adoption. Wir lassen euch bis 6 Uhr Zeit, das sind jetzt noch etwas mehr als drei Stunden. Und damit ihr seht, dass ich es ernst meine, werde ich mit Maja gleich in Karins Keller gehen und euch halbstündlich wissen lassen, wie es ihr geht. Also zögert nicht zu lange. Karin, nimm die Seile aus dem Kofferraum und fessle den beiden Zwillingen Arme und Beine. Dann geh in den Keller und bereite alles vor. Ich komme gleich nach…“, hauchte Jule Winter. Kira hätte sich ohrfeigen können. Sie war schuld daran, dass Dr. Winter und Karin ihre Freundin jetzt als Druckmittel benutzen konnten. Sie war zu faul zum Laufen gewesen. Jetzt ließ sie sich widerstandslos verschnüren, hörte die Autotür zuschlagen und wusste, dass jeder Widerstand völlig zwecklos war…

7 Kommentare:

  1. wow, was für ein toller krimi, mit viel erotischem sm spielraum
    grandios
    bitte bitte mehr davon
    gruß nicki

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  2. gespannt wies weiter geht ^^

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  3. Mache weiter beste Geschichte seit Jahren

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  4. Bitte Weiter Schreiben! :-)

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  5. die beste geschichte die ich seit sehr langem gelesen habe, unbedingt weiterschreiben, Biiiiite!!!!!!

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