Sonntag, 29. Januar 2017

Schicksalhafter Ferienbeginn Teil 3


Sie schaute auf die Uhr und es kam ihr vor als ob die Zeit nahezu still stehen würde. Es waren kaum mehr als zwei Minuten vergangen seit Kathi ihr Zimmer verlassen hatte und die Bedeutung der längsförmigen Flecken ließ ihr auch keine Ruhe. Irgendwo hatte sie diese Art von Flecken schon ein mal gesehen, aber es wollte ihr beim besten Willen nicht mehr einfallen und auch der Auslöser war ihr vollkommen entfallen.

Also schlug sie weiter die Zeit tot und versuchte sich verzweifelt zu erinnern wo sie so etwas bereits gesehen hatte. Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen, aber die Antwort ergab keinen Sinn oder etwa doch. Sie schaute auf die Uhr. Die 10 Minuten war um, es war also an der Zeit nach drüben ins Gästezimmer zu gehen und sich mit Kathi zu unterhalten. Als sie vor der Türe stand, wartete sie kurz, ging nochmals in sich und überlegte ob sie sich vorhin geirrt hatte als sie an die Flecken gedacht hatte. Sie klopfte und hörte Kathi nur herein rufen, dann betrat sie das Zimmer. Sie sah sofort, dass Kathis Koffer entleert und der Inhalt vermutlich inzwischen in den Schränken verschwunden war, aber das interessierte sie momentan recht wenig. Kathi saß zudeckt im Bett mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt. Sie machte einen nervösen Eindruck. Sarah ging ans Fußende des Bettes und setzte sich. Einige Minuten passierte nichts, dann fragte Sarah Kathi:

„Du wollest mir erzählen was es mit den Flecken auf sich hat. Also was haben die Flecken zu bedeuten?“

Kathi atmete tief durch. „Alles was ich dir jetzt sage, wird diesen Raum niemals verlassen, verstanden?“

„Wow Kathi ganz ruhig, du musst mir nicht direkt mit ner Drohung kommen.“

„Tschuldigung, das sollte keine Drohung sein, eher ein Bitte. Also bitte kein Wort zu niemandem, auch nicht zu deiner Mutter, sei so gut.“

„Ok verstanden. Aber warum machst du so nen Wind darum, du tust so als ob du was Verbotenes tust oder etwas weswegen man dich mit Mistgabeln und Fackeln zu ner Windmühle jagen könnte, wie Frankensteins Monster. Ich denke mal nicht, dass es so schlimm sein kann. Ich habe übrigens schon einen kleinen Verdacht was es sein könnte.“

„WAS???“ rief Kathi „Wie hast du es herausgefunden?“

„Ich hab nichts herausgefunden. Ich habe nur einen Verdacht.“

„Willst du mir mitteilen was dein Verdacht ist?“

Sarah überlegte kurz ob sie wirklich sagen sollte was sie vermutete, mehr als falsch sein kanns nicht dachte sie sich. „Ich würde sagen du hast gerade eben eine Windel getragen die ausgelaufen ist.“

Kathis Mund stand weit offen, sie war unfähig auf Sarahs Satz etwas zu erwidern.

„Dann liege ich anscheinend richtig. Was ist so schlimm daran? Wenn du sie brauchst ist es doch kein Problem, hättest du vielleicht direkt sagen sollen.“

Kathi starrte immer noch fassungslos zu Sarah.

„Ich...ich...“ stammelte sie, „Ich brauche sie nicht. Aber du hast recht mit deinem Verdacht.“

„Jetzt bin ich baff, das hätte ich nicht gedacht, dass ich richtig liege. Aber warum trägst du sie, wenn du sie nicht brauchst und vor allem wie passen dir Windeln, es gibt doch nur kleine Windeln?“

„Ich trage sie gerne, ich weiß das klingt seltsam und es ist nicht nur das, ich bin gerne ein Baby.“

Kathis Gesicht zeigte noch mehr Nervosität als zuvor, sie wartete anscheinend Sarahs Reaktion auf das Gesagte ab. Sarah schaute sie verwirrt an, sagen konnte sie anscheinend nichts.

„Du wirst dich jetzt vermutlich über mich lustig machen nicht?“

„Was?“ Kathi schien Sarah aus ihren Gedanken gerissen zu haben. „Nein, nein mach dir da keine Sorgen. Mich interessiert es eher wie du dazu kommst.“

Mit der Aussage hatte Kathi nicht gerechnet, ihre Cousine zeigte Interesse für ihre Eigenart, das hätte sie am wenigsten gedacht. Die Anspannung löste sich so gleich aus ihrem Gesicht und sie atmete tief durch.

„Was willst du denn wissen?“

„Am liebsten alles. Beantworte mir erst mal die Frage von vorhin. Wie schaffst du es Windeln zu tragen, die sind doch viel zu klein.“ Kathi grinste und zog die Bettdecke weg. Sarah sah, dass Kathi tatsächlich eine Windel trug, aber keine wie sie sie bisher gesehen hatte. Sie war nicht bunt bedruckt, sondern lila und passte wie angegossen. Zudem schien diese Windel nicht benutzt zu sein, zumindest schien es Sarah so.

„So“ sagte Kathi „damit ist die erste Frage von dir beantwortet, zumindest halbwegs. Es gibt eben nicht nur Windeln für Babys wie du sie anscheinend kennst, sondern auch für alte Menschen oder besser gesagt erwachsene Menschen, die sie tatsächlich brauchen. Wusstest du das nicht?“

Sarah schüttelte den Kopf. Sie schien von Kathis Windel nahezu in einen Bann gezogen zu werden, sie konnte ihren Blick nicht von der Windel lösen.

„Beantwortest du mir auch eine Frage Sarah? Sarah? Hallo, hörst du mir überhaupt zu?“

„Hmmm...ja war was?“ Kathi lachte. „Du scheinst ein wenig mehr als interessiert zu sein wie mir scheint. Du sollst mir eine Frage beantworten.“

„Ja welche?“

„Wie bist du drauf gekommen, dass ich eine Windel trage?“

„Ach ich bin wegen nem Praktikum im Kindergarten, was mir meine Mum letztes Jahr aufgebrummt hat drauf gekommen, da gabs ein paar Kinder, die noch Windeln brauchten und da ist auch mal eine ausgelaufen und das sah ähnlich aus.“

„Das erklärt es natürlich. Du willst bestimmt noch mehr wissen oder willst du lieber ins Bett?“

Sarahs Gedanken kreisten nur über das, was sie vor wenigen Minuten über ihre Cousine herausgefunden hatte, an Schlafen war nicht mehr zu denken. Die Müdigkeit, die sie nach dem Film erfasst hatte, war vollends verflogen.

„Erzähl mir bitte mehr. Wie bist du dazu gekommen wieder Windeln zu tragen?“

„Tja das weiß ich leider selber nicht so ganz. Irgendwie haben sie schon immer eine Wirkung auf mich gehabt. Irgendwann habe ich mir dann auch welche gekauft, zuerst Babywindeln, aber die waren eigentlich schon zu klein als ich sie das erste Mal kaufte. Ich habe mich dann schlau gemacht und bin dann auch schnell auf größere gestoßen, aber die bekommst du nicht einfach im Laden, nur in der Apotheke oder im Internet. Vor Allem war der Preis ein wenig problematisch, sie passten einfach nicht in mein Budget.“

„Und was hast du dagegen getan?“

„Naja das Problem mit dem Budget hat sich recht schnell erledigt. Du weißt vielleicht noch aus der Vergangenheit, dass ich kein sonderlich ordentlicher Mensch bin, das war sozusagen mein größter Fehler und das beste was ich tun konnte.“

„Wie soll ich das denn jetzt verstehen?“

„Ganz einfach meine Mutter kam irgendwann während ich nicht da war auf die Idee bei mir aufzuräumen, natürlich fielen ihr dabei auch meine Windeln in die Hände....“

„Ach du scheiße“ unterbrach Sarah sie, „dass muss doch echt Stress gegeben haben oder?“

„Ja anfangs gabs deswegen viele Diskussionen. Hat mir mit nem Psychologen und der gleichen gedroht, aber ich konnte sie davon abbringen und hab ihr erzählt was es mir bedeutet. Das hat sie erst mal kalt gelassen. Ich fühlte mich ein wenig verstoßen. Vermutlich hat sie sich selbst Vorwürfe gemacht, dass es an ihr liegen könnte, aber irgendwann kam sie dann zu mir um nochmals mit mir zu sprechen, es war ein sehr offenes Gespräch. Sie sagte nur, dass es ihr lieber wäre als irgendwelche Saufgelage oder Drogenexesse, aber auch, dass es für sie schwierig wäre es von jetzt auf gleich zu akzeptieren. Mit der Zeit hats ganz gut geklappt. Zudem hatte ich somit endlich den Zugang zu ordentlichen Windeln und brauchte mich zu Hause nicht mehr zu verstecken.“

„Wow ich ziehe grad mal symbolisch den Hut vor deiner Mutter. Ich wüsste nicht ob meine Mutter so tolerant wäre, wenn ich....“ sie brach mitten im Satz ab.

„Wenn du auch welche tragen würdest?“

„Ja“ sagte Sarah kleinlaut. Sie wurde rot, als ob sie sich für das gesagte schämen würde.

„Würdest du welche tragen wollen?“

„Ich weiß es nicht. Irgendwie würde es mich reizen, aber auf der anderen Seite, ich weiß nicht.“

Kathi bemerkte, dass Sarah innerlich mit sich rang.

„Hey Sarah ich mache dir einen Vorschlag. Ich gebe dir einfach eine von meinen Windeln und du nimmst die mit in dein Zimmer. Dann kannst du dich jederzeit dazu entscheiden ob du es probieren willst oder nicht. Was hältst du davon?“

Sarah nickte abermals. Kathi stand auf und ging zum Schrank und öffnete ihn. Sarah konnte eine lilane Verpackung sehen, den Namen erkannte sie nicht. Kathi kramte ein wenig in der lilanen Verpackung herum und schloss den Schrank wieder. Dann ging sie zu Sarah und drückte ihr eine Windel in die Hand. Sarah nahm die Windel entgegen und musterte sie.

„So ich bin jetzt wirklich müde. Du solltest vielleicht auch schlafen gehen Sarah, wir können ja morgen noch weiter reden.“

„Ja, in Ordnung ich geh dann mal rüber. Danke für die Windel. Und wie gesagt keine Sorge, dein Geheimnis ist bei mir sicher.“ Sie stand auf und ging zur Türe.

„Ähm gute Nacht dann Kahti.“

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