Sonntag, 13. Juli 2025

Zwei Freunde Teil 6

 => Teil 5

Als wir den Wickelraum verließen, sahen wir das Mädchen wieder. Wir waren sprachlos, als wir bemerkten, dass sie ihren Schnuller immer noch im Mund hatte. Ich fand es schon sehr mutig, mit 14 was man ihr aber nicht ansah, weil sie nicht mal so groß war wie Tomi und sehr kindlich aussah, hier noch mit einem Schnuller herumzulaufen. Ihre Mama rief ihr zu: „Komm her und setze deine Brille auf, Schatz!“ Sie lief zu ihrer Mama und bekam ihre Brille aufgesetzt.


Als sie wieder kam, gingen zu ihr hin, und als ich ihre Brille sah, wunderte ich mich, wie sie überhaupt etwas ohne sie sehen konnte. Es war eine typische rosa Kinderbrille, glitzernde Sterne auf den Bügeln mit großen, runden Gläsern, die ihre Augen hinter den dicken Linsen riesig aussahen, liesen. Ich fragte sie: „Wieso musst du deine Mama immer daran erinnern, dass du deine Brille trägst?“

Sie zuckte mit den Schultern und sagte: „Ich mag meine Brille nicht. Aber ich bin stark weitsichtig, also brauche ich sie eigentlich.“ Ich schaute sie an und sagte ehrlich: „Wieso? Ich finde dich hübsch mit deiner Brille.“

Sie lächelte leicht und errötete. „Wirklich?“

„Ja, wirklich“, sagte ich und spürte, wie sie sich ein bisschen mehr öffnete. „Sie passt zu dir. Und außerdem kannst du damit besser sehen, oder?“

Sie nickte und steckte ihren Schnuller wieder in den Mund, als ob sie nachdenken würde. Tom, der neben mir stand, grinste und sagte: „Und der Schnuller ist auch cool. Wir haben auch welche.“

Das Mädchen lachte leise, und plötzlich fühlte es sich an, als ob wir alle eine Art Verbindung hatten. Es war, als ob wir uns gegenseitig verstanden, ohne viele Worte zu brauchen.

Sie stellte sich vor und sagte: „Ich bin Sabine.“ Dann fragte sie neugierig: „Habt ihr eure Schnuller dabei?“

Tomi zögerte einen Moment, dann antwortete er: „Ja, ich glaube, Mama hat sie in der Wickeltasche.“

Sabine lächelte und fragte: „Wollt ihr sie nicht holen? Dann können wir zusammenspielen.“

Tomi und ich schauten uns unsicher an. Wir hatten unsere Schnuller noch nie in der Öffentlichkeit getragen, und die Vorstellung, sie jetzt hier zu benutzen, machte uns ein bisschen nervös, hatte aber auch einen gewissen Reiz. Aber Sabine meinte: „Euch kennt doch hier auch niemand, oder?“

Tomi überlegte kurz und sagte dann: „Eigentlich hast du recht.“ Er ging zu seiner Mama und kam kurz darauf zurück mit seinem Schnuller schon im Mund. Er gab mir meinen und steckte ihn mir direkt rein. Ich spürte, wie das vertraute, beruhigende Gefühl zurückkehrte, und entspannte mich langsam.

Sabine lachte leise hinter ihrem Schnuller und sagte: „Das steht euch doch gut.“

Am Anfang bemerkte ich, wie uns einige der kleineren Kinder neugierig ansahen, aber es störte uns nicht wirklich. Wir waren so sehr in unser Spiel vertieft, dass wir unsere Schnuller, an denen wir heftig saugten, fast vergaßen. Es war, als ob die Welt um uns herum verschwand und nur wir drei in unserem kleinen Universum existierten.

Wir spielten, lachten und genossen die Zeit zusammen. Sandra war lustig und offen, und ich spürte, wie sehr ich mich in ihrer Gegenwart entspannte. Tomi und ich hatten uns schon immer gut verstanden, aber mit Sandra fühlte es sich an, als ob wir eine neue Freundin gefunden hatten, die uns genauso akzeptierte, wie wir waren. Wir hatten festgestellt, dass Sandra aus dem gleichen Ort kam wie wir. Als wir sie fragten, wieso wir sie noch nie an unserer Schule gesehen hatten, erklärte sie, dass sie auf eine Sonderschule ging. Wir tauschten unsere Telefonnummern aus und versprachen, uns bald wieder zu treffen. Es war schön zu wissen, dass wir jetzt eine neue Freundin hatten, die uns so akzeptierte, wie wir waren.

Nach dem Abendessen durften wir noch etwas fernsehen. Wir setzten uns direkt vor den Fernseher, bis Petra ins Wohnzimmer kam und zu Tom sagte: „Würdest du bitte deine Brille aufsetzen und nicht so nah vor dem Fernseher sitzen?“

Ich war überrascht, weil ich gar nicht wusste, dass Tomi eine Brille trug. Ich hatte ihn noch nie mit einer gesehen. Als er sie aufsetzte, fand ich, dass er gut damit aussah, was ich ihm auch sagte. „Die steht dir echt gut“, meinte ich.

Jetzt mussten wir uns auf das Sofa setzen, das ein ganzes Stück vom Fernseher entfernt war. Nach ein paar Minuten bemerkte ich, wie Tomi mich immer wieder beobachtete. Schließlich sagte er: „Ich glaube, du siehst auch nicht so gut.“

Ich war verwirrt und fragte: „Wie kommst du darauf?“

Tomi erklärte: „Du kneifst die ganze Zeit die Augen zusammen. Das ist mir schon öfter aufgefallen.“

Ich war mir gar nicht bewusst gewesen, dass ich das tat. Tomi nahm seine Brille ab und reichte sie mir. „Hier, probiere sie mal.“

Zögernd nahm ich die Brille und setzte sie vorsichtig auf. Ich war überrascht, wie klar und scharf alles plötzlich aussah. „Wow“, sagte ich. „Alles ist viel schärfer!“

Tomi grinste. „Siehst du? Ich wusste es!“

In diesem Moment kam Petra herein und fragte: „Was macht ihr denn?“

Tomi erklärte: „Michel hat gerade meine Brille probiert und festgestellt, dass er damit besser sieht als ohne.“

Petra schaute mich besorgt an. „Dann musst du unbedingt mal zum Augenarzt gehen, Michel. Das ist wichtig.“

Dann sagte sie zu Tomi: „Hol mal deine Ersatzbrille. Dann kann Michel sie zum Fernsehen aufsetzen.“

Tomi ging und kam kurz darauf mit seiner Ersatzbrille zurück. Ich gab ihm seine Brille zurück und setzte die Ersatzbrille auf. Es war ein aufregender Gedanke, dass ich vielleicht wirklich eine Brille brauchte. Plötzlich sah die Welt viel klarer aus, und ich spürte, wie wichtig es war, das richtig zu klären.

Als wir weiter fernsahen, fühlte ich mich irgendwie erleichtert. Tomi und Petra hatten mir gezeigt, dass sie sich um mich kümmerten – und dass es okay war, Hilfe anzunehmen, wenn man sie brauchte.

Die Ersatzbrille, die Tomi mir gab, war seine erste Brille, die er mit sieben Jahren bekommen hatte. Es war eine sehr kindliche, grüne Brille mit einer nach allen Seiten biegsamen Gummifassung. Sie fühlte sich ein bisschen anders an als seine aktuelle Brille, aber ich war froh, überhaupt etwas zu haben, das mir half, besser zu sehen.

Nach ein paar Minuten stellte ich jedoch fest, dass ich mit Tomis aktueller Brille noch besser sah. Als ich ihm das sagte, meinte er: „Das liegt daran, dass meine neue Brille stärker ist. Aber ich bin sicher, dass du mit meiner alten trotzdem besser siehst als ohne.“

Ich nickte sofort. „Auf jeden Fall! Alles ist viel klarer als vorher.“

Tomi grinste. „Dann war es ja richtig, dass du sie probiert hast. Jetzt weißt du, dass du zum Augenarzt musst.“

Petra, die das Gespräch mitgehört hatte, nickte zustimmend. „Ich werde morgen mit deinen Eltern sprechen, Michel. Es ist wichtig, dass du eine Brille bekommst, wenn du sie brauchst.“

Ich spürte, wie erleichtert ich war. Es war ein seltsames Gefühl, plötzlich zu merken, dass ich vielleicht schon lange eine Brille gebraucht hätte, aber gleichzeitig war ich froh, dass Tomi und Petra so aufmerksam waren und mir geholfen hatten.

 

Als wir weiter fernsahen, fühlte ich mich irgendwie sicherer. Die Welt war klarer, und ich wusste, dass ich mich auf die Unterstützung von Tomis und seiner Familie verlassen konnte. Es war ein weiterer Moment, der mir zeigte, wie besonders diese Freundschaft war – und wie wichtig es ist, aufeinander aufzupassen.

Petra meinte: „Wenn du dann auch eine Brille trägst, trägt Tomi vielleicht auch ständig seine. Wenn du willst, kannst du diese Brille so lange tragen, bis du eine eigene bekommst.“

Nachdem ich festgestellt hatte, dass ich mit der Brille besser sah als ohne, sagte ich: „Ja, gerne. Danke!“

Als wir dann ins Bett mussten, hatte ich die Brille immer noch auf – im Gegensatz zu Tomi, der seine gleich nach dem Fernsehen abgenommen hatte. Ich stand nun in Windeln, Gummihosen, mit Schnuller und Brille vor dem Spiegel und fand, dass alles zu meinem kindlichen Erscheinungsbild passte. Es war ein seltsames, aber auch irgendwie beruhigendes Gefühl.

Ich fragte Tomi: „Wieso nimmst du deine Brille nach dem Fernsehen immer gleich ab?“

Er zuckte mit den Schultern. „Das ist einfach Gewohnheit. Ich bin es gewohnt, sie nur zu tragen, wenn ich wirklich etwas sehen muss und auch nur zu Hause.“

Ich überlegte einen Moment und sagte dann: „Sollen wir morgen mal den ganzen Tag die Brillen tragen?“

Tomi dachte kurz nach und antwortete: „Gut, wenn du sie auch trägst.“

In diesem Moment kam Petra ins Bad, um unsere Windeln zu kontrollieren. Sie meinte: „Die sollten bis morgen halten. Also, gute Nacht, Jungs. Schlaf gut, Michel – und pass gut auf Tomis Brille auf!“

Ich nickte und fühlte mich unglaublich dankbar für ihre Fürsorge. Als wir im Bett lagen, jeder mit unserem Schnuller im Mund, spürte ich, wie sehr ich mich in dieser Umgebung akzeptiert und verstanden fühlte.

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